Süddeutsche Zeitung

Kunst:Die Schönheit des Alterns

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Constanze Rebay versammelt für ihre Weihnachtsausstellung Werke von zahlreichen Künstlern im Weßlinger Pfarrstadel

Von Patrizia Steipe, Weßling

Auf eine Entdeckungsreise hatte Constanze von Rebay die Besucher des Pfarrstadels eingeladen: durch vielfältige Landschaften, Wald und Wiesen, sogar durch ein Badezimmer bis zum Meer. So unterschiedlich wie die rund 50 Künstler der Weihnachtsausstellung - vom akademischen Maler, Autodidakten, den Fotografen, Bildhauern, Spätberufenen und Nachwuchskünstlern - waren auch die Motive und Techniken. Zum 58. Mal fand die Ausstellung am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag statt. Eine Tradition, die Constanze von Rebay von ihrem Vater und Bruder übernommen hat. Der Besuch gehört für viele Weßlinger zu den Festtagen wie der Gang in die Christmette.

Dabei ist es jedes Jahr eine Überraschung, wer mitmacht und welche Werke gezeigt werden. In diesem Jahr wurde die Ausstellung gleich durch zwei Hinterglasmaler bereichert - eine Technik, die bisher kaum zu sehen war, so die Organisatorin. Astrid Mehl hatte eine großformatige Hinterglasmalerei in schwarz-weiß beigesteuert. Ihr Motiv waren naturalistisch gemalte Kühe. Schwarz-weiß waren auch die Tierfotos von Monika Treppner. In Hellabrunn hat sie die Nahaufnahme eines Löwen mit geöffnetem Maul, der eines Raubvogels mit ebenfalls geöffnetem Schnabel gegenübergestellt und zu einem schier unentwirrbaren Streifensalat hatten sich zwei Zebras, die sich in einem Gewässer spiegeln, vereint.

Gleich am Eingang des Pfarrstadels begrüßte eine Betonfigur in Originalgröße die Besucher: Ein Musiker im rot karierten Hemd von Claudia und Marina Meisinger. Neben dekorativen Blumenaquarellen, Naturmotiven und Impressionen von Wald und Wasser gab es eine Reihe von Werken mit politischer Aussage. Michael Hartmann hatte neben seinen abstrakten Hinterglasbildern in Pastelltönen, Aktuelles in seinen Bildern verarbeitet. Eine mit groben Partikeln übersäte Wiese nannte er "Glyphosatversagen" und in seiner Collage "#metoo" saß ein nackter Mann in einer Ecke neben einem Besen und einer weglaufenden Frau. Unter diesem Hashtag kritisieren derzeit unter anderem amerikanische Schauspielerinnen sexuelle Übergriffe von Produzenten. Renate Kaiser hatte bei "Miri am Plastikstrand" ein Mädchen an einem mit Abfall übersäten Strand gemalt. Statt Muscheln sammelte die Kleine Plastikflaschen, die die Künstlerin plastisch auf das Gemälde geklebt hatte.

Die Keramiken von Bernd Kirsch bestanden aus weichen Rundungen mit Öffnungen. Die abstrakten Formen erinnerten an Fruchtbarkeitssymbole. "Animalisch" raunte eine Frau ihrem Begleiter zu. Dieser empfand die Skulpturen als "sexistisch". Zu den "Neuen" im Pfarrstadel zählte Peter Schuierer. Der gelernte Grafiker, der früher Porzellanmaler war, hat vor einigen Jahren eine neue Technik für sich entdeckt. Für seine Bilder benutzt er lediglich seine Finger. Breite Farbbänder wechselten sich mit filigran wirkenden Farbpartien ab, mit dem Fingernagel kratzte Schuierer feine Linien und ohne Absetzen wurden einzelne Motive in einem Schwung auf das Papier gesetzt.

Viele Künstler hatten den Weßlinger See in ihren Bildern verewigt. Alfons Sontheim zeigte die Postkartenidylle in Aquarell, Susanne Derkum hatte Enten auf bunt schillernder Wasseroberfläche abgelichtet, die Digitalkünstlerin Ute Kirchhof hatte die Umrisse des Sees kaum erkennbar in kleine Dreiecke aufgeteilt, die von Silberfolienapplikationen ergänzt wurden. Sie hatte auch Werke ihrer beiden Malschüler Korbinian (10 Jahre) und Marietta Richter (12) aufgehängt.

Fotospielereien zeigte Flo Hagena in seinen "Two in One"-Montagen. Auf den Porträts sah man zwei Generationen in einem Bild vereint. Die junge und die alte Gesichtshälfte zeigte faszinierend den Alterungsprozess seiner Modelle.

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Quelle:
SZ vom 27.12.2017
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