Dießen:Kulturwerkstatt will Huber-Häuser beleben

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Über Nutzungskonzepte für die Huber-Häuser diskutierten auf Einladung der "Kulturwerkstatt" Anni Sander (v.li.), Vanessa Hafenbrädl, Rafaela Averbeck, Orsolya Kádár, Michael Haag, Christian Skrodzki und Johann Rieß im vollbesetzten Saal des Unterbräu. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die neue Gruppierung lädt zum Infotreffen und viele Bürger kommen mit ihren Ideen für die denkmalgeschützten Bauten im Herzen der Marktgemeinde.

Von Renate Greil, Dießen

Theaterbühne, Werkstätten, Bibliothek der 1000 Dinge, Räume für Kulturveranstaltungen, Übungsräume, kostenfreie Parkplätze – das waren einige Antworten auf die Frage: „Was fehlt mir in Dießen“? Auf Klebezetteln notiert stand auf den Mitmach-Pinwänden konkret für die Huber-Häuser unter anderem eine Cantina, Veranstaltungsräume ohne Verzehrzwang und ein Co-Working-Space sowie Aktionen für Senioren. Unter dem Motto „So kann‘s gehen“ lud eine neue Dießener Gruppierung, die „Kulturwerkstatt“, bei einem Informationsnachmittag am Sonntag zum Zuhören und Mitmachen ein. Und das Interesse war groß, es wurde viel diskutiert im voll besetzten Saal im Gasthof Unterbräu.

Zehn Frauen und Männer aus Dießen haben sich zusammengetan, die seit längerem leerstehenden Huber-Häuser im Herzen der Marktgemeinde am Ammersee neu zu beleben. Mit dabei ist Gabriele Übler, bis vor Kurzem noch Gemeinderätin (Grüne) in Dießen. Sie erläuterte, dass die neue Gruppierung schon seit eineinhalb Jahren an Ideen für Dießen arbeite. Noch ist die „Kulturwerkstatt“ als Arbeitsgemeinschaft zu verstehen und firmiert auf ihrer Webseite als Verein in Gründung. Mitarbeitende Annette Rießner erklärt, dass es noch nicht entschieden sei, ob aus der „Kulturwerkstatt“ ein Verein oder eine Genossenschaft werde. Zwei Wochen vor dem Abgabeschluss für die vom Markt Dießen ausgelobte Ideenwerkstatt - gesucht werden potenzielle Interessenten mit realisierbaren und finanziell tragfähigen Konzepten für die inzwischen als Ensemble denkmalgeschützten Bauten der Graphischen Kunstanstalt Jos. C. Huber -  sind nun bei dieser Gruppierung die Bürgerinnen und Bürger gefragt.

Im Auslobungstext der Gemeinde werden keine genauen Vorgaben für die künftige Nutzung macht, außer dass die bestehenden drei Wohnungen erhalten werden sollen. Als wünschenswert wird aber ein Mix aus Gewerbe- oder Co-Working-Räumen, Räumen für Kultur, Kunst oder Vereine sowie Wohnraum angesehen. Eine große Aufgabe, denn zu sanieren und später zu bespielen sind drei Stockwerke einer ehemaligen Druckerei mit einer Gebäudegrundfläche von gut 1200 Quadratmetern direkt an der viel befahrenen Staatsstraße nach Weilheim ohne nennenswerte Parkmöglichkeiten. Wie Bürgermeisterin Sandra Perzul (Dießener Bürger) auf Anfrage mitteilte, sind bislang noch keine Konzepte eingegangen. Sie verwies auf die drei kürzlich angebotenen Besichtigungen der Huber-Häuser. Die Abgabefrist läuft noch bis zum 31. März. „Danach werden wir sehen, wie viele Konzepte wir bekommen und sie mit dem Gemeinderat anschauen sowie den weiteren Weg festlegen“, schreibt Perzul zum weiteren Vorgehen.

Um Mut zu machen, erzählte Unternehmer Christian Skrodzki bei der Veranstaltung von seinen Erfahrungen, wie leer stehende Gebäude in erfolgreiche Unternehmungen wie den „Leutkircher Bürgerbahnhof eG“ und die „Allgäuer Genussmanufaktur eG“ verwandelt werden können. Umgesetzt wurden die Projekte im Genossenschaftsmodell. „Bürgerprojekte scheitern nicht am Geld, eher an den Eitelkeiten“, gab er mit auf den Weg. „Es kann jeder mitmachen“ und „Einer muss es tun“, waren weitere Tipps. Wobei „einer“ als Gruppe bis zu sechs Leuten zu verstehen sei und sich alle anderen in Arbeitsgruppen einbringen können.

Was wird aus den denkmalgeschützten Huber-Häusern? Das interessiert viele Dießener, die ins Unterbräu gekommen waren. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Unter dem Motto „Aus Leer wird Mehr“ berichteten Architekturstudentinnen der TU München von ihrem Konzept, Leerstände in der Ortsmitte wiederzubeleben. Als Beispiel dafür diente Wolnzach, eine ähnlich große Marktgemeinde mitten im Hopfenanbaugebiet. Ein Erfolgsfaktor: ein Kümmerer, der bei der Gemeinde fest angestellt ist, um dem „Donut“-Effekt entgegenzuwirken. Und die Räumlichkeiten sollten schon genutzt werden, auch wenn sie noch nicht ganz fertig sind, rieten die Studentinnen.

Bei der Podiumsdiskussion im Anschluss nahmen auch zwei der Studentinnen mit ihrer Expertise teil. Auf die Empfindlichkeiten im Zusammenspiel mit der Gemeinde wies Gemeinderat (FW) und Hotelier Johann Rieß hin und mahnte: „Der Ton macht die Musik“. Architekt Michael Haag erläuterte zum Konzept der Kulturwerkstatt, dass bei fast 3000 Quadratmeter an Nutzfläche für die Finanzierung der nötigen Sanierung zwischen fünfzehn und zwanzig Millionen Euro benötigt werden. Als Zeithorizont nannte er sechs bis acht Jahre, bis alles ganz fertig sei. Er erwarte drei bis acht Mitbewerber. Ganz klar sei aber von den Denkmalschützern gemacht worden, dass ein Abriss oder Teilabriss nicht infrage komme.

"Das fehlt mir in Dießen", wollte man von den Besuchern des Infonachmittags im Unterbräu wissen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Das große Industriegebäude aufzuteilen, war ein Vorschlag von Heimatunternehmer Skrodzski, der die im Raum stehende Investitionssumme für eine ehrenamtlich getragene Genossenschaft für zu hoch erachtete. Die „Freie Kunstanstalt e.V.“, die derzeit noch in der alten Schreinerei Graf Räume nutzt, werde ein eigenes Konzept abgeben, kündigte Zuhörerin Stefanie Sanktjohanser an. Eine offizielle Erklärung des Vorstandes gibt es dazu bisher nicht. Der frühere erste Vorstand Jörg Kranzfelder der „Freien Kunstanstalt e.V.“ ist nun unter anderem bei der Kulturwerkstatt aktiv, auch bei anderen Mitarbeitenden gibt es Überschneidungen. Ihr Konzept für die Huber-Häuser formulieren die Kulturwerkstattler auf ihrer Webseite unter den Schlagworten Ausstellungen, Workshops und Performance. Ein dreitägiges Event zur Bürgerbeteiligung wurde angekündigt, dass nach Möglichkeit direkt in den Huber-Häusern stattfinden soll. Mitstreiter werden gesucht. Generell soll der Leerstand in Dießen in den Blick genommen werden, sei es mit einem Register oder einem Kümmerer.

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