Kultureller Austausch:Genüsse und Güsse

28 Tutzinger besuchen die französische Partnergemeinde Bagnères-de-Bigorre und frischen die 42 Jahre alte Freundschaft auf. Die Gastgeber verwöhnen die Delegation mit Delikatessen, Badevergnügen und Kulturprogramm

Von Manuela Warkocz, Tutzing/Bagnères

Es gibt jetzt Bio-Läden in Bagnères-de-Bigorre, viele Bürgerhäuser der Jahrhundertwende sind in Pastellfarben hübsch renoviert und ein neuer Bürgermeister begrüßt die Gäste aus Tutzing - der Besuch in der französischen Partnergemeinde stand im Zeichen der Veränderung. Der Freundeskreis Tutzing-Bagnères war unter Leitung von Stefanie von Winning mit 28 Männern und Frauen in den Ort am Fuß der Pyrenäen gereist, um die deutsch-französischen Partnerschaft zu pflegen. Vier Tage genoss die Delegation die großzügige südfranzösische Gastfreundschaft, frischte Kontakte in Gastfamilien auf, naschte sich durch eine Schokoladenfabrik, badete in Biarritz und erlebte beim Saisonstart im heimischen Stadion die Begeisterung für Rugby.

Vor zwei Jahren feierten die Franzosen in Tutzing mit Bürgermeister Jean-Bernard Sempastous das 40-jährige Bestehen der Partnerschaft. Der smarte Politiker ist im Juni als Abgeordneter in die Nationalversammlung aufgerückt, im Gefolge von Emmanuel Macrons Bewegung. Der Präsident selbst hat eine ganz persönliche Beziehung zum Städtchen Bagnères. Hier verbrachte er als Kind die Sommerferien bei seiner Großmutter, die einen Kleiderladen betrieb. Angeblich sucht das Staatsoberhaupt ein Schlösschen im Thermalbadeort. Nicht schlecht, wenn man als Provinzort direkten Kontakt nach ganz oben hat.

Tutzing Bagneres-de-Brigorre Partnerschaftsbesuch

Girlanden aus Chilischoten schmücken die Häuser im baskischen Espelette

(Foto: Manuela Warkocz)

Als neuer Bürgermeister bringt Claude Cazabat, 71, frischen Wind ins Rathaus. Er möchte neben den bestehenden Partnerschaften zu Tutzing und Granarolo - gleichzeitig mit den Deutschen war eine Delegation aus dieser italienischen Gemeinde eingeladen - Partnerschaften in England und Spanien starten. Beim Begrüßungsempfang hob Freundeskreis-Vorsitzende und CSU-Gemeinderätin Stefanie von Winning hervor, wie wichtig ein einiges Europa in Zeiten der Krisen sei. Sie betonte, dass der verstorbene Bürgermeister Rudolf Krug "voller Begeisterung für diese Reise" gewesen sei und gern mitgefahren wäre, um ein Bekenntnis zu Europa abzulegen. Krug hatte auch die Tutzinger Kontaktpflege nach Ungarn unterstützt. Wie herzlich das über lange Jahre gewachsene Verhältnis ist zeigte sich darin, dass zu Krugs Beerdigung eigens die Vizebürgermeister von Bagnères, Karin Bac-Honold und Stephane de Barte, angereist waren.

In der französischen Partnerstadt hatte man ebenfalls einen Todesfall zu betrauern. Im Dezember war der Vorsitzende der "Amicale", Philippe Aimé, gestorben. Freddie Madoux übernahm das Amt. Der 71-jährige frühere Beschäftigte im Auswärtigen Amt und seine Frau Michelle haben Wurzeln in den Niederlanden und Italien und fördern den europäischen Gedanken intensiv. Madoux organisierte ein umfangreiches, abwechslungsreiches Programm. Ein Tageausflug führte nach Espelette, ins baskische Dorf des Piments. Im September hängen an den Häusern überall Girlanden aus roten Chilischoten zum Trocknen. In Biarritz gewann man einen Eindruck vom mondänen Badeort. Ein entspannter Nachmittag im Wellnessbad "Arquensis" mit seinem 33 Grad heißen Wasser gehörte ebenso dazu wie ein festliches Dinner im leider recht kühlen Zelt des örtlichen Tennisvereins, ein Marktbummel und eine Weinprobe. Gemeinderat Toni Aigner hatte dort seinen Spaß mit den "Chanteurs Montagnards", kräftigen Sängern traditioneller Lieder. Sie sind auch schon mehrfach in Tutzing aufgetreten. Gemeinderat Stefan Feldhütter und seine Frau Barbara, geborene Feldhütter, sind zum ersten Mal mitgereist. Ihr Vater Otto Feldhütter hatte die Partnerschaft angestoßen, nachdem er als Lehrer ein Halbjahr in Südfrankreich verbracht hatte. Unter Bürgermeister Alfred Leclaire wurde die Partnerurkunde 1975 unterzeichnet. Seitdem funktioniert ein regelmäßiger Schüleraustausch mit der Realschule. Musikgruppen und Feuerwehren haben sich besucht. Inzwischen bestehen vor allem zwischen Senioren langjährige enge Beziehungen. Das Apothekerpaar Karl Otto und Lieselotte Gigl gehören zu den Gründungsmitgliedern des Freundeskreises und schätzen ihre Freunde Pierre und Annie Laurens sehr. Für Willy und Ursula Bauer war es der elfte Besuch in Bagnères, schon zehn Mal logierten sie bei Dominique Fauche. Dem Tutzinger VdK-Vorsitzenden ist die Aussöhnung ein großes Anliegen. Der Spaß kommt bei den Treffen natürlich nicht zu kurz. Zum ersten Mal lud man die Tutzinger zum Auftaktspiel des örtlichen Rugby-Clubs ein. Ob die Heimmannschaft deshalb haushoch 39:3 gegen die auswärtigen Favoriten gewonnen hat?

Sowohl Bürgermeister Cazabat als auch Stefanie von Winning wünschen sich, dass mehr junge Leute beim Austausch mitmachen. Beim Besuch der Freunde aus Frankreich im Jahr 2019 will Winning zudem weniger touristische und wieder mehr politische Akzente setzen. "Natur, Kultur und Lebensart kennenzulernen ist wichtig, und davon bekommt man viel in den Gastfamilien mit", sagt sie und verweist zum Unterschied auf die Starnberger, die in Dinard im Hotel wohnten. "Aber es wäre schön, wenn wir uns auch mehr auf politischer und Verwaltungseben austauschen." Veränderungen können auch ihr Gutes haben.

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