Kultur:Verzaubert und verschlüsselt

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"Miscellaneous Risks", auf Deutsch: "Verschiedene Risiken", heißt dieses Werk von Catrin Rothe in der Galerie Starnberger See in Garatshausen. (Foto: Nila Thiel)

Mit Catrin Rothe zeigt die Galerie Starnberger See in Garatshausen die erste Künstlerin von internationalem Rang. Die Werke der in Berlin und New York lebenden Malerin erscheinen auf den ersten Blick fröhlich, offenbaren dann aber oft Melancholie

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Garatshausen

Das Triptychon ist aufgegliedert, wie eine Abendmahlszene. Auf dem langen Tisch liegt ein quietschvergnügtes Schweinchen. Darüber ein rettender Engel, der jedoch von einem Pfeil abgeschossen wird. Seit Jahren beschäftigt sich Catrin Rothe mit Märchen und Mythen. Ihre kraftvollen Bilder wirken aber nur auf den ersten Blick fröhlich. Wie im Märchen wird hier nicht nur das Gute, sondern auch das Böse und Düstere dargestellt. Das erzeugt Spannung.

Rothe entwickelt in ihren Bildern Geschichten, die symbolhaft und verschlüsselt sind. Das Thema der Künstlerin, die in Halle an der Saale aufgewachsen ist, ist das Gegensätzliche, das Doppeldeutige. Hinter vermeintlich fröhlichen Szenen wird eine überraschende Ernsthaftigkeit sichtbar, ja manchmal sogar Melancholie. Rothe will dem Betrachter ihre Geschichten nicht aufdrängen. Jeder soll seine eigene Fantasie entwickeln. Das Bild soll langsam seine Wirkung entfalten. Erst wenn sich der Betrachter alle Details bewusst gemacht hat, soll er sich selbst eine Geschichte dazu ausdenken.

Für Rothe beispielsweise bedeutet die Ziege, die immer wieder als Motiv in den Bildern auftaucht, ein geheimnisvolles Wesen. Der Betrachter indes, der über andere Erfahrungen verfügt, fragt sich womöglich, ob die Ziege auf dem Bild etwas mit dem Titel "Miscellaneous Risks" zu tun hat, was grob übersetzt "gemischte oder verschiedene Risiken" bedeutet. "Verzaubert" heißt die Ausstellung mit Werken von Catrin Rothe, die am Freitag in der Galerie Starnberger See in Garatshausen eröffnet wurde.

Die Künstlerin, die in der ehemaligen DDR die Hochschule für Kunst sowie die Fachhochschule für angewandte Kunst in Heiligendamm besucht und als Kinderbuchillustratorin gearbeitet hat, ist überraschend vielseitig. Ihre Bilder sind teilweise gegenständlich, dann wieder abstrakt mit kraftvoll-dynamischem Pinselduktus. Sie arbeitet vorwiegend mit Acrylfarben, dann wieder in Öl oder einem Mix aus Collage und Acryl. Zur Zeit experimentiert sie mit Leimfarben. Die kleinformatigen Bilder in pastelligen Farben mit wirken filigran. Akte sind nur angedeutet, aber mit geübtem, selbstischeren Pinselstrich. Der Hintergrund eines zart gemalten Karussells ist verschwommen und mystisch. Wenn Rothe zu malen beginnt, hat sie eine Idee. Wie sich das Bild dann entwickelt, und was am Ende herauskommt, ist selbst für sie als Künstlerin offen. Das gebe auch dem Betrachter Freiraum. "Ich habe eine vage Idee und arbeite mich in diese Idee hinein", erklärt sie. Für die Künstlerin, die international tätig ist und auch Ausstellungen in Singapur oder Dubai hatte, ist es wichtig, an verschiedenen Standorten zu leben.

Sie wohnt in Berlin und New York. Jeden Standort verbindet sie mit speziellen Farben. Rothe ist überzeugt davon, dass ihre Werke von dem jeweiligen Standort beeinflusst werden. Berlin beispielsweise besteht für sie nur aus wenigen Grundfarben, während sie Asien mit leuchtenden, fröhlichen Farben verbindet. Zudem ist für sie der Austausch mit anderen Künstlern wichtig. Dadurch bekomme man eine andere Betrachtungsweise; denn Kreativität entstehe nur, wenn man immer wieder den Blickwinkel wechselt, ist sie überzeugt. Und durch den Kontakt mit anderen Künstlern hat Rothe auch die kleine Galerie in Garatshausen kennen gelernt. Inhaber Peter Czernich war stolz darauf, dass er zum ersten Mal seit der Eröffnung vor drei Jahren eine Künstlerin von internationalem Rang zeigen kann. Er sei "erfüllt und verzaubert" von der Farbfaszination und Ausdrucksstärke der Bilder, die ihn unmittelbar angesprochen hätten. Diese Bilder würden Fragen beantworten, die sich der Betrachter sonst vielleicht nie gestellt hätte. Die Ausstellung ist noch bis 22. April in der Galerie Starnberger See zu sehen.

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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