Süddeutsche Zeitung

Kultur:Tutzing in Bewegung

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Hunderte Aktive und Zuschauer machen die Kulturnacht zum großen Gemeinschaftserlebnis

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Mit einem jiddischen Kreistanz - "rück, rück, Wiegeschritt, vor, seit, Schluss" - versetzte Tanzpädagogin Monika Titz eine Anhängerschar Freitagabend im Roncallihaus zu mitreißender Musik in Bewegung. Ganz nach dem Motto der diesjährigen Tutzinger Kulturnacht "Kultur bewegt!". Von allen Besuchern war viel Bewegung und Kondition gefragt, wollten sie alle elf Spielorte und 22 Angebote innerhalb von sechs Stunden erleben. Hunderte machten die Kulturnacht zum großen Gemeinschaftserlebnis der Seegemeinde, ob als Aktive oder Zuschauer. Alle Schulen, die beiden Akademien, Kirchen, Vereine und viele Künstler stellten unter Beweis, welche Vielfalt der Zehntausend-Einwohner-Ort bietet. Darüber staunte auch die Besucherdelegation aus der französischen Partnergemeinde Bagnères de Bigorre. Der milde Herbstabend beförderte zusätzlich die Lust, sich treiben zu lassen.

Schon zur Eröffnung der 16. Kulturnacht, die diesmal die Grund- und Mittelschule ausrichtete, gab es viel Bewegung - auf der Bühne, aber auch in der mit mehr als 300 Besuchern proppenvollen Aula. Viel Kommen und Gehen, hoher Lärmpegel. Dagegen mussten sich Rektorin Anne-Katrin Schallameier und Bürgermeisterin Marlene Greinwald erst einmal durchsetzen. Greinwald verwies auf die finanziellen Probleme der Gemeinde, die es nicht erlaubten, das Schulhaus besser in Schuss zu halten. "Dafür werden wir nicht beneidet. Aber für unsere Kulturnacht." Sie dankte allen Mitwirkenden, Organisatoren, Kulturreferentin Brigitte Grande und dem Kulturteam im Rathaus. Musikalisch begrüßten die Lehrerinnen Kathrin Knauer-Blaich und Carolin Krebs mit den Chorkindern und dem Eltern-Lehrerchor die Gäste, unter anderem mit einem Song aus dem kürzlich aufgeführten Musical "Plastic Planet".

Die aktuelle Ausstellung im Tutzinger Heimatmuseum über den "Kasperl-Graf" Franz Graf von Pocci inspirierte 30 Gymnasiasten. Sie begleiteten das "Kieferer Puppentheater" von Dorle Dengg, teilweise mit Zylinder verkleidet als Graf Pocci, teilweise mit Gipsmasken als Tag- und Nachtschatten herausgeputzt. Den Blumen hatte Pocci einst eine Abhandlung gewidmet.

Auf großes Publikumsinteresse stieß in der Pfarrkirche St. Joseph eine besondere Interpretation des "Ave Maria". Im stimmungsvoll beleuchteten Kirchenraum verfolgten gut 200 Zuhörer die mittelalterlichen Mariengesänge der Frauenscola St. Joseph mit den Improvisationen an der Orgel von Stephan Holstein und an Saxophon und Klarinette von Werner Zuber. In der Evangelischen Christuskirche trafen unterdessen der Kirchenchor "Herr Käthe" und die Blasmusik Bernried aufeinander. Mitreißend ging es in der Evangelischen Akademie zu, wo beim "Jungen Forum" der Mit-Initiator der Kampagne für kostenfreie Interrail-Tickets der Europäischen Union, Vincent-Immanule Herr, Jugendliche zur politischen Teilhabe anspornte. Im Rathaus gaben Anja Behringer, Elke Schmitz, Manfred Grimm und Claus Piesch Skurriles aus der Ortsgeschichte preis. Etwa aus dem Polizeibericht des Land- und Seeboten 1925. Schlagzeile: "Kommunistenversammlung in Unterzeismering artete in Schlägerei aus." Bewegte Zeiten eben.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2019
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