Von dem bayerischen Komiker Karl Valentin sind viele wunderbare Zitate überliefert, wie etwa "Ein Optimist ist ein Mensch, der die Dinge nicht so tragisch nimmt, wie sie sind". Oder: "Alles ist vergänglich, nur der Ammersee bleibt länglich". Valentins Humor ist vielschichtig, überraschend, hintergründig und philosophisch angehaucht, kein Wunder, dass er die Menschen noch heute begeistert.
Er war aber auch ein Darsteller von schlaksiger Gestalt, über den das Publikum schon lachte, sobald er mit den verdrehten, dürren Beinen auf die Bühne kam. Da ist es für einen Schauspieler schwer, gegen dieses Bild in den Köpfen der Zuschauer anzuspielen. Winfried Müller versuchte es gleich gar nicht. Bei der "Offenen Bühne" am Freitag in Starnberg trat er nicht im schwarzen, eng anliegenden Anzug auf, sondern in Trachtenhemd und Lederhose.
Dennoch verstand es Müller mit einer Mischung aus Zitaten, Anekdoten und Sketchen, die komisch-tragische Figur Karl Valentin darzustellen. Müller ist von Valentins absurdem Sprachwitz begeistert, davon, wie er jedes Wort dreht und wendet, es hinterfragt, in einzelne Silben zerlegt und wieder neu zusammensetzt. Man kenne Valentin als einen Menschen, der seine inneren Nöte witzig auf die Bühne gebracht habe. Er sei ein schwieriger Charakter gewesen, der es seinen Mitmenschen schwer machte. Müller hat schon in Frankreich und Italien unvergessliche Stücke von Valentin gespielt und dabei die Erfahrung gemacht: "Die kennen nur die Texte und interpretieren sie auf ihre Weise." Bei einer Szene aus "Die Orchesterprobe" spielt der Uttinger sowohl Valentin als auch Liesl Karlstadt. Es geht hin und her, mit Wortakrobatik und schrägen Pointen. Dazwischen spielt er Lieder auf Gitarre und Mundharmonika.
Mit der Veranstaltungsreihe "Offene Bühne" im Hotel Bayerischer Hof versucht Initiator Janis Hain Künstlern ein Forum zu bieten, die Talent haben, aber nicht bekannt sind. Nicht jedes Mal ist der Saal voll, manchmal kämen nur eine Hand voll Besucher, sagt der gelernte Schauspieler, der nebenbei an der Rezeption des Hotels arbeitet. Die Künstler, Kabarettisten, Zauberer und Musiker jedoch nutzen ihre Chance, sich oder ihre Werke bekannt zu machen, so wie etwa Gioia Wikullil aus Perchting, die im Dezember ein Kinderbuch herausgebracht hat. Die "fast wahre Geschichte" um den fröhlichen Drachen "Einzahn" hat sie jahrelang mit sich herumgetragen. Zusammen mit der Starnberger Buchillustratorin Simone Hübner hat sie daraus ein Buch gemacht, doch niemand wollte es veröffentlichen. Erst nach zwei Jahren fand sie einen Verleger für ihre Geschichte, die auch die Herzen der Erwachsenen im vollen Saal höherschlagen ließ.
Ganz anders, aber ebenso fesselnd sind die Gedichte der Herrschinger Lyrikerin Karin Schreiber. Sie schreibt ausschließlich über Dinge, die vor ihrer Haustüre direkt am Ammersee-Ufer passieren. Der See ist ihre Bühne. Schreiber beschreibt in ihren Gedichten die Menschen, die Landschaft, aber auch Stimmungen oder Geschichten aus vergangenen Zeiten, denen sie nachtrauert.
Musikalisch aufgelockert wurden die Lesungen von Jan Potthast, der seiner Gitarre selbst komponierte Impressionen entlockte. Der promovierte Historiker ist den Starnbergern bestens bekannt als Chef der Theatergruppe Tragaudion, die jedes Jahr ein Sommertheater im Schlossgarten aufführt. Die nächste "Offene Bühne" findet am 5. April im Bayerischen Hof in Starnberg statt.