Kultur in Berg:Feinsinnig und vergnüglich

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Die "Bergennale" hat sich zur professionell jurierten Kunstausstellung gemausert. Die Besucher erwartet eine erfrischend vielfältige Auswahl

Von Katja Sebald, Berg

Na bitte, es geht doch: Die "Bergennale" hat sich zu einer deutschlandweit ausgeschriebenen und professionell jurierten Kunstausstellung gemausert. 200 Künstler haben ihre Arbeiten zum Thema "Gegenpol" eingereicht, eine Jury um den Münchner Akademiepräsidenten Dieter Rehm tagte Anfang Januar und wählte 46 Gemälde, Fotografien, Skulpturen, Objekte und Videos aus, die nun zwei Wochenenden lang im ehemals königlichen Marstall von Schloss Berg zu sehen sind. Auch Arbeiten von sieben Mitgliedern des Kulturvereins Berg sind dabei. Zur Finissage werden ein mit 1000 Euro dotierter Jurypreis sowie ein Publikumspreis vergeben.

Die Idee der "Bergennale" geht auf den ehemaligen Vorsitzenden des Berger Kulturvereins und Kulturbeauftragten der Gemeinde Berg Joachim Kaske zurück und ist Teil seiner langjährigen Bemühungen, das Niveau der Veranstaltungen des Vereins zu heben. Gegen anfangs erheblichen Widerstand der Vereinsmitglieder ist es gelungen, die Ausstellungen zunächst zu jurieren und dann auch für Nichtmitglieder zu öffnen. Die Initiative wurde maßgeblich von dem Anfang Februar verstorbenen Architekten und Fotokünstler Andreas Rumland mitgetragen, der auch einen großen Teil der Organisationsarbeit übernommen hatte. Die diesjährige "Bergennale" findet deshalb auch zu seinem Gedenken statt. Gleich neben dem Eingang ist eine seiner großformatigen Fotoarbeiten zu sehen, außerdem wird ein Modell des Marstalls ausgestellt, das er zur Vorbereitung der Ausstellung gebaut hatte. Wie groß die Lücke ist, die Rumland hinterlassen hat, wollen die Verantwortlichen auch mit dem Plakat und der Einladungskarte zeigen, die eine von ihm wenige Tage vor seinem Tod versandte Arbeitsdatei abbilden.

Die Besucher des Marstalls erwartet eine ausgesprochen vielfältige, erfrischend neue Ausstellung mit in der Region selten oder noch nie gesehenen Arbeiten - und obendrein ein tierisches Vergnügen: Die malerischen Positionen reichen von abstrakt über konkret bis figürlich, stille monochrome Bildflächen in Schwarz und Silber sind ebenso zu sehen wie ein poppiges Doppelportrait der Queen. Auch im Bereich der Fotografie ist die Bandbreite groß. Sie umfasst ein herrlich unprätentiöses Bildpaar von Sören Gohle ebenso wie die feinsinnig-witzige Bildinszenierung von Birgit Moser und den Urwald, den Fred-Jürgen Rogner auf dem Potsdamer Platz wuchern lässt, oder die überraschende Draufsicht, die Julie Esther Batteux mit ihrem Badefoto bietet. Es gibt Konzeptionelles wie die Gegensatzpaare aus Tugenden und Todsünden von Jens Urzendnik oder die Verwandlung der Kaaba in ein christliches Kreuz von Otto Scherer.

Zum Spielen laden die kuriosen Objekte von Stefan Stock ein, Julia Kosslers hatte das spielerische Vergnügen vermutlich schon beim Dreh zu ihrer Videoarbeit "Nasale Raumpalpation". Benedikt Zink spielt in seiner bildhauerischen Arbeit höchst überzeugend mit Schwere, Raum und Licht. Monika Supé macht mit ihren minimalistischen Drahtobjekten alles aus nichts. Sebastian Wanke baut ein völlig nutzloses Werkzeug und spielt mit unseren Sehgewohnheiten. Martina Wember aber hat ganz bezaubernde "Kopflappen" gehäkelt.

Schließlich muss sich der Besucher, der einen Publikumspreis zu vergeben hat, entscheiden. Man darf wohl vermuten, dass dann die Tiere das Rennen machen: Das opulente Schwein aus hautfarbenen Damenstrümpfen, das Chris Dietzel kurz vor Ausstellungseröffnung aus Berlin ankarrte, könnte einer der Publikumslieblinge sein. Vielleicht aber auch das große Pappmasché-Schaf von Nelly Schmücking oder doch ihr kleines Bronze-Schaf, das sich nicht von seinem Sockel herunter traut? Zu den Favoriten dürften auch die wundersam merkwürdigen fliegenden Hunde mit "Rosen und Halbsteckohren" zählen, die Ilka Leukefeld mal an der kurzen, mal an der langen Leine im Gewölbe des ehrwürdigen Marstalls herumflitzen lässt und als Sinnbild für das ganz große Ganze verstanden wissen will. Wie gesagt, diese Ausstellung ist ein tierisches Vergnügen.

Die Ausstellung "Gegenpol" ist bis 22. April im Marstall Berg (Mühlgasse 7) zu sehen. Die Öffnungszeiten sind Donnerstag, Freitag, Samstag (jeweils 14 bis 19 Uhr) und Sonntag (11 bis 19 Uhr).

© SZ vom 14.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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