Kultur:Die Reichen und die Bleichen

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Der 49-jährige Guido Buettgen, Geschäftsführer in der Werbebranche, hat seinen ersten Krimi geschrieben. In "Champagnerblut" geht es um die fiesen Vergnügungen der Starnberger High Society

Von Lea Heinrich, Feldafing

Guido Buettgen hat eine einleuchtende Antwort auf die Frage, warum er Krimis schreibt: "Ein Buch ist etwas für die Ewigkeit."

Im März dieses Jahres hat Buettgen seinen ersten Krimi veröffentlicht: "Champagnerblut - Oberbayernkrimi". Klar, inzwischen gibt es deutlich mehr Oberbayernkrimis als Leichen im Institut für Rechtsmedizin der Universität München. Aber wenn es nach Buettgen geht, dann hat er in dem Thriller eigene, neue Ideen untergebracht. Die Protagonisten in typischen Oberlandkrimis seien oft sehr klischeehaft gezeichnet, sagt er, ihm jedoch sei Authentizität wichtig. Deswegen seien die Menschen, die in seinem Roman vorkommen, keine weltfremden Dorfbewohner, sondern normale Leute.

Wobei der Ausdruck "normal" in diesem Fall vielleicht doch nicht ganz treffend ist. In Buettgens "Champagnerblut" geht es um den Kriminalrat Madsen, der ursprünglich aus Hamburg kommt und den Mord an einem polnischen Bauarbeiter aufzuklären hat. Bei seinen Ermittlungen taucht der Kommissar in die Welt der Starnberger High Society ein und stößt auf einen Abgrund. Die Reichen, Schönen und Brutalen amüsieren sich nämlich bei sogenannte Bare-Knuckle-Fights, blutrünstigen Kämpfen also, bei denen die Teilnehmer mit bloßen Fäusten aufeinander losgehen. Buettgen hat diese Thematik gewählt, weil er sich mit dem Boxen gut auskennt. Er boxt selbst seit langer Zeit. Vor einigen Jahren hat er sogar kurzzeitig als "Personal Boxtrainer" gearbeitet. Zum anderen ist der Sport für ihn eine Art "Lebensmetapher". Denn so wie das Leben Höhe- und Tiefpunkte bereit halte, gebe es auch im Boxen abwechselnd Niederschläge und Erfolge. Für Buettgen ist sein Buch auf jeden Fall ein Treffer: Er sei sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Buettgen ist hauptberuflich als Geschäftsführer in der Werbebranche tätig, bei seiner Arbeit geht es vor allem darum, Werbung zu konzipieren, teilweise denkt sich Buettgen auch Werbeslogans aus. Wobei er natürlich mehr oder minder an die Wünschen des Kunden gebunden ist. Als Krimiautor genießt er dagegen die Freiheit zu schreiben, was ihm vorschwebt. Das ist neu für den 49-Jährigen: "Wenn ich möchte, dass der Protagonist eine Erkältung hat, dann hat der Protagonist eine Erkältung."

Buettgens erster Schreibversuch war kein typisch aufgebauter Roman. 2010 hatte er eine Arbeitspause von zwei Jahren eingelegt, vier Monate davon war er auf Weltreise gegangen. Da Familie und Freunde danach wissen wollten, was er erlebt hatte, beschloss er, alles aufzuschreiben. Über jeden Tag hat Buettgen einen Eintrag in sein "Tagebuch" geschrieben. In dem Buch "Weltreisen sind auch nur Rundfahrten: Reisetagebuch eines Kommunal- Kosmopoliten" veröffentlichte er mit leicht ironischem Unterton Eindrücke seiner Reise. Dadurch wurde er zu einem neuem Projekt angeregt: ein Buch zu schreiben, das eine stringente Handlung hat und in dem die Fiktion eine wichtigere Rolle spielt.

Der Feldafinger versuchte sich an einem 1000-seitigen Krimi, den seine Agentin an verschiedene Verlage schickte. Interesse zeigte unter anderem der Emons- Verlag, der den Fokus auf regionale Geschichten legt und laut Buettgen den "außergewöhnlichen Stil" des Manuskripts goutierte. Doch dem Verlag fehlte noch das i-Tüpfelchen auf der Geschichte.

Der Familienvater schrieb daraufhin einen komplett neuen Krimi, der später "Champagnerblut" wurde. Zwei Jahre hat Buettgen für sein Buch gebraucht. Dass er so lange brauchte, erklärt er mit seiner Arbeit in der Werbebranche, die für ihn immer Priorität haben müsse. Deswegen sei er froh, dass ein Tag 24 Stunden habe. Dennoch fügt er hinzu: "Meine Familie hatte in diesen zwei Jahren nicht wirklich viel von mir."

Glücklicherweise gefielen dem Emons-Verlag die 800 Seiten, die der Autor nach eineinhalb Jahren vorlegte. Die darauf folgende obligatorische Arbeit mit seinem Lektor war trotzdem noch einmal zeitaufwendig. Nach acht Korrekturdurchläufen des Lektors, Verbesserungen des Autors und einer daraus resultierenden Straffung auf 400 Buchseiten kam es dann aber zur Veröffentlichung. Leser kritisierten an "Champagnerblut" nur Kleinigkeiten, wie der Autor sagt: Die Geschichte spielt an realen Orten in Starnberg und am Starnberger See - und Kennern der örtlichen Begebenheiten fielen kleine Beschreibungsfehler auf.

Dass der Roman in Starnberg und Umgebung handelt, war für den Autor sehr wichtig. Er selber lebt mit seiner Familie in Feldafing. Und er beschreibt das Gebiet am Starnberger See nach elf Umzügen in seinem Leben als das schönste Deutschlandes. Auch deswegen kommt er demnächst zu einer Lesung ins Golfhotel Kaiserin Elisabeth in Feldafing. Zudem ist das Hotel ein Originalschauplatz des Krimis, Buettgen erhofft sich deshalb, dass er den Zuhörern so etwas wie ein emotionales Erlebnis bieten kann.

Wegen des Themas Boxen ziehen Buettgens Lesungen oft eine erstaunlich bunt gemischte Hörerschaft an. So sitzen im Publikum einerseits Leute in Abendgarderobe, die sich für Literatur und Kriminalromane interessieren, andererseits Menschen in Jogginghosen, die Boxfans sind. Das freut den ehemaligen Boxtrainer, er findet, dass seine Literatur verbindet.

Ob auch sein zweiter Roman diese Wirkung haben wird? Geplant zumindest ist ein Nachfolgebuch. Zwar mit dem selben Kommissar, der noch so seine Schwierigkeiten hat, die oberbayerische Mentalität zu verstehen, aber mit einem komplett anderem Leitthema als den Bare-Knuckle-Fights der Starnberger Oberschicht im ersten Teil. Wann der Roman erscheint, ist noch ungewiss. Klar ist jedoch, das Buettgen bereits ein paar gute Ideen für seinen Romanstoff gefunden hat. Er selbst sagt selbstbewusst: "Ich bin kreativ."

Guido Buettgen stellt seinen Krimi "Champagnerblut" am Sonntag, 9. Oktober, im Feldafinger Hotel Kaiserin Elisabeth vor. Die Lesung zur 900-Jahr-Feier der Gemeinde beginnt um 11 Uhr, die Besucher erwartet ein festlicher Krimi-Brunch mit Champagner. Karten zu 30 Euro gibt es unter Telefon 08157/93090.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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