Kultur:Bei Anruf ein Aha-Erlebnis

In Corona-Zeiten müssen Veranstalter wie Monika Rother großen Organisationsaufwand betreiben. Da werden Stammgäste persönlich verständigt oder Doppeltermine an einem Abend vereinbart

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Gilching

Gilching Monis Brettl, Kabarett

Hintersinnig und valentinesk sind die Geschichten des Kabarettisten Stefan Waghubinger in seiner "Welturaufführung". Mit diesem neuen Programm hat "Moni's Brettl" wieder den Spielbetrieb aufgenommen.

(Foto: Georgine Treybal)

Eigentlich wirkt Stefan Waghubinger ganz sympathisch. Er ist frei von Starallüren und hat jede Menge bubenhaften Charme. Doch urplötzlich weicht das verschmitzte Lächeln des Österreichers einer nachdenklichen Miene. Mit einer schlecht gelaunten, fast morbiden Weltsicht, wie man sie den Wienern nachsagt, dreht und wendet er Alltagsprobleme von allen Seiten und vermittelt seinem Publikum ein Aha-Erlebnis. Keine Frage: Der mehrfach ausgezeichnete Kabarettist gehört zu den versierten seines Metiers. Seine "Welturaufführung" am Donnerstag im Gasthof Oberer Wirt in Gilching war gleichzeitig die Wiedereröffnung von "Monis Brettl" nach dem durch die Corona-Krise bedingten Lockdown.

Dafür war ein außergewöhnlich hoher Organisationsaufwand von der Chefin der Kleinkunstbühne, Monika Rother, erforderlich. Sie musste nicht nur mit Agenturen und Künstlern verhandeln, um Termine zu verlegen. Sie hat zudem jeden einzelnen Stammgast auf der Reservierungsliste angerufen, die die meisten Tickets schon bezahlt hatten. Jeden Gast hat sie gefragt, ob er den ausgehandelten Ersatztermin wahrnehmen kann oder will.

Für den Wiener Kabarettisten Gery Seidl war die Terminfindung laut Rother am schwierigsten. Die Aufführung sei zunächst für Juli geplant gewesen und wieder verboten worden. Der Nachtermin ist nun für den 29. September angesetzt. "Also wurden 200 Leute zwei Mal umgeschichtet. Bei manchen Älteren werden womöglich erst die Erben in den Genuss kommen", witzelt sie.

Kultur: "Wir profitieren nicht wirklich davon", sagt Monika Rother über den Wegfall der Sperrstunde.

"Wir profitieren nicht wirklich davon", sagt Monika Rother über den Wegfall der Sperrstunde.

(Foto: Arlet Ulfers)

Rother wäre nicht Rother, wenn sie der Pandemie nicht auch etwas Positives abgewinnen könnte. "Immer wieder mal, aber auch hier passend: Hauptsache wir bleiben gesund", ist das Motto der Kulturmoni. Der Verdienstausfall sei nicht so schlimm, sie habe schließlich keine Kosten gehabt in dieser Zeit, erklärt sie optimistisch. Laut Rother sind nur wenige Veranstaltungen komplett ausgefallen. Sie habe sie nur verlegen oder nach dem Hygienekonzept im Gasthof Oberen Wirt umorganisieren müssen.

Beispielsweise das Gastspiel von Martin Frank. Die Vorstellung am 24. September war ausverkauft, weil aber wegen Corona viel weniger Zuschauer zugelassen waren, hat Rother zwei Termine ausgehandelt. Nach ihren Angaben gibt es jetzt unter "strengster Einhaltung des vorgeschriebenen Hygienekonzepts und mit maximaler Inanspruchnahme der eigentlichen Kapazität unserer Brettl-Heimat" zwei etwas gekürzte Vorstellungen hintereinander. "Alle Beteiligten sind zufrieden, weil der Termin bestehen bleibt und zur gewünschten Zeit wahrgenommen werden kann", erklärt sie.

Sehr gefreut hat sie, dass die Zuschauer ihr größtenteils die Treue gehalten haben. Sie würden mit ihr "vorfreudig und vorsichtig-zuversichtlich" in die Zukunft von Monis Brettl schauen. Dies bestätigte sich an dem Kabarett-Abend mit Waghubinger. Nach der sechsmonatigen Zwangspause herrschte gelöste Stimmung im Saal. "Schön, dass wir uns wiedersehen", sagte eine Frau zu den Stammgästen an ihrem Tisch und man prostete sich freundlich zu. Dazu passten die hintersinnig-valentinesken Geschichten von Waghubinger. "Gestern habe ich noch viel Zeit gehabt, aber heute ist sie weg. Sie ist nicht haltbar, sie schmilzt wie Butter", sagte er beispielsweise. Mit derartigen philosophischen Gedanken über die Welt sprach er dem Publikum aus der Seele. Die kleinen Hänger während der Vorpremiere überspielte er geschickt. Auch als bei seinem letzten Gag im Programm der Lacher ausblieb, reagierte er professionell. "Ich dachte, es hört sich irgendwie lustiger an", sagte er und leitete direkt zu einer lustigen Zugabe über. Waghubinger muss sicherlich noch an manchen Stellen seines Programms nachbessern. Aber es ist schließlich der Sinn einer Vorpremiere, dass man ausprobiert, wie die Gags ankommen.

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