"Schmeckt's dir denn, Toni?" Die Frage ist berechtigt, so ganz weiß man das ja nie bei Anton Hofreiter. Entsprechend gespannt blickt Andrea Schulte-Krauss zu ihrem Gast. Eine knappe halbe Stunde standen die beiden in der Küche, da wäre es ja blöd, wenn es ihm jetzt nicht schmeckt. Doch der Bundestagsabgeordnete nickt und Schulte-Krauss lächelt. Ja, die Hollersuppe schmeckt ihm!
Der Landtagswahlkampf ist auf die Zielgerade eingebogen, und Schulte-Krauss hat sich ein ehrgeiziges Ziel vorgegeben: Sie will für ihre Grünen das erste bayerische Direktmandat auf dem Land holen. Dafür kämpft sie seit Monaten, für den Endspurt hat sich Schulte-Krauss nun Hofreiter als prominente Unterstützung geholt. Erst wird gekocht, danach steht eine Moorwanderung an. Und natürlich sind diese Termine kein Zufall: Ernährung und Umweltschutz - das sind zwei von Schulte-Krauss' Themen.
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Zurück in die Küche der Kandidatin, zurück zum Anfang, bevor die Hollersuppe schmecken kann, muss sie schließlich zubereitet werden. Dafür hat Schulte-Krauss groß aufgefahren: Das Kochen mit Hofreiter soll schließlich nicht unbemerkt bleiben, deshalb wird für ihr Youtube-Format "Aufgekocht statt abgebrüht" gefilmt. Ab und zu schauen Schulte-Krauss' Hunde Micky und Lio vorbei, so viel Trubel rund um eine Hollersuppe gibt es schließlich nicht oft. Und während die Suppe vor sich hin köchelt, Schulte-Krauss ihren Youtube-Zuschauern dieses "ganz tolle Herbstgericht" anpreist und ihr Gast einigermaßen fassungslos darüber ist, wie viel Zucker in der Suppe landet, wird natürlich über Politik geredet.
Los geht das bei der Grundzutat des heutigen Gerichts: dem schwarzen Holunder. Den hat Schulte-Krauss selbst im Wald gepflückt und dabei beobachtet, dass "viel weniger Insekten" als in den Vorjahren darauf waren. Das Artensterben! Das aufzuhalten, ist ein grünes Kernthema. "Wenn wir uns selbst retten wollen, müssen wir die Artenvielfalt retten", sagt Hofreiter. "Genau", sagt Schulte-Krauss. Das große Artensterben sei bereits in vollem Gange, und wenn die Menschheit so weitermacht wie bisher, beschleunige sie das zusätzlich. Gerade die industrielle Landwirtschaft ist für das Duo am Herd maßgeblich dafür verantwortlich. Köchin und Koch sind sich einig: Dagegen muss etwas getan werden. "Deshalb muss sich da halt manches ändern", fordert Hofreiter. Als Landtagsabgeordnete hätte Schulte-Krauss dafür deutlich mehr Möglichkeiten als bislang.
Die politische Laufbahn von Andrea Schulte-Krauss, 49 Jahre alt, aufgewachsen und wohnhaft im Kraillinger Ortsteil Pentenried, hat 2014 im Gemeinderat ihres Heimatortes begonnen. Dort aber hat sie immer wieder zu hören bekommen: Für dieses und jenes sind wir nicht zuständig, das muss der Kreistag entscheiden. Schulte-Krauss aber wollte genau bei diesen Themen weiter am Ball bleiben - also ist sie seit 2020 Kreis- und Gemeinderätin. Und weil man ihr im Kreistag immer wieder erzählt hat, für dieses und jenes sind wir nicht zuständig, das müssen Land- oder Bezirkstag entscheiden, will sie nun eben ins Maximilianeum.
Ihre Motivation dafür: ihr Gerechtigkeitsanspruch. Schwieriges Thema, schon klar, Gerechtigkeit, was ist das schon? Einfacher wird es, wenn man die Sache andersherum betrachtet. Deutschland ist für Schulte-Krauss "ein Ort struktureller Ungleichheit und Ungerechtigkeit". Wie aber soll man den Klimawandel aufhalten, wenn man zunächst die soziale Frage klären muss? Moment mal, sagt Schulte-Krauss, wieso denn zunächst? "Wenn ich Klimaschutz will, muss ich das Soziale mitbedenken." Genau das sei die große Zukunftsaufgabe. "Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, damit es den Leuten leichtfällt, sich anständig zu verhalten", sagt Schulte-Krauss. "Es kann nicht sein, dass es immer heißt, die Leute wären schuld."
"Wer Bio kauft, tut was für den Artenschutz"
Die Suppe ist soweit fertig, erste Hollerschwaden ziehen durch die Luft, es riecht nach Glühwein. Fehlen nur noch die Grießnockerl. Dafür rühren die beiden den Teig an. Zwei Eier von den Hühnern aus dem Garten obendrauf - fertig. "Rührst du mal schnell ein?", fragt Schulte-Krauss ihren Gast. Hofreiter rührt - und bekommt dafür glatt ein Lob von seiner Parteikollegin. "Ich merk' schon, da hat jemand ein Händchen für Sachen einrühren." Der Teig ist also gelungen, doch der Bundestagsabgeordnete hat noch eine Sorge. "Wie verhinderst du es, dass die Grießnockerl zerfallen?", fragt er seine Gastgeberin. Die zuckt mit den Schultern. Gar nicht, sagt sie dann. "Ich habe bislang immer Glück gehabt."
Kurz darauf ist es dann soweit: Die Suppe dampft in den Tellern, und Schulte-Krauss und Hofreiter löffeln drauf los. "Essen ist wichtig", erklärt Schulte-Krauss dabei. "Aber es ist halt nicht wurscht, was auf den Teller kommt." Man müsse Ernährung und Landwirtschaft so umstellen, dass der Umweltschutz dabei mehr Beachtung findet. Mehr Subventionen für kleinere Bauernhöfe etwa und höhere Abgaben für Großbetriebe etwa wären so ein Ansatz. Und überhaupt: mehr Bio! "Wer Bio kauft, tut was für den Artenschutz." Nur müsse es die Politik eben hinbekommen, dass sich das auch jeder leisten kann.
Auch Anton Hofreiter ist - wie bereits erwähnt - durchaus zufrieden mit dem kulinarischen Ergebnis seines Ausflugs nach Krailling. "Ist lecker", befindet er zum Abschluss. Einen Verbesserungsvorschlag hat er dann aber doch noch: Vielleicht hätte es noch ein bisschen mehr Zucker gebraucht.