Krailling:Klangexperimente mit dem Eierschneider

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Luca Tilli und Sebastiano Tramontana improvisieren mit Udo Schindler in Krailling

Von Reinhard Palmer, Krailling

Aus Rom war der avantgardistische Cellist Luca Tilli angereist, um im Kraillinger Salon für Klang und Kunst bei und mit Udo Schindler ad-hoc zu improvisieren. Und da er mit dem in München lebenden Landsmann, dem Posaunisten Sebastiano "Sebi" Tramontana, befreundet ist, wurde aus dem Duo-Abend flugs eine musikalische Dreierbeziehung der besonderen Art. Es war gut, dass Tilli erst einmal die Chance hatte, sich solistisch am Violoncello zu präsentieren, kostete es ihn doch später Mühe, sich neben den beiden Bläsern zu behaupten. Tilli hörte immer sehr lange in sich hinein, bis sich ein Impuls durchsetzte, in die Saiten oder zum Bogen zu greifen. Meistens auch zunächst recht vage, eher tastend und experimentierend, bis sich eine Gestalt herausschälte, der er dann neugierig nachging, sie wiederholte, rhythmisierte, verwandelte. Pizzicato-Spiel ist zwar nicht besonders laut, dennoch erwies es sich im Trio als günstiger, da es im perkussiven Duktus durchdringender gegenüber der dynamischen Substanz der Bläser ausfiel.

Tramontana setzte bisweilen aus, um den Kombinationen wie beispielsweise aus Klarinette und gestrichenem Cello Passagen der klanglichen Homogenität zu überlassen. Stieg Tramontana dann wieder ein, gewann das Trio immer auch an Kraft, zumal der Posaunist - ob mit Dämpfer oder ohne - gerne die substanzvollen Tönungen hervorhob. Überaus inspiriert setzte er dabei seine berühmten spieltechnischen Zaubertricks ein, die dem Klang des Öfteren kuriose, ja burleske Ausprägungen verliehen.

Schindler, der zu Beginn mit den plektrumgezupften Drähten eines Eierschneiders asiatisch anmutende, filigrane Töne produzierte, hatte sich schon auf einen klanglich überreichen Abend vorbereitet. Neben der Klarinette standen auch Bassklarinette, Euphonium und ein seltenes Es-Kornett bereit, um mit experimenteller Klangerzeugung auch aus dem jeweiligen Resonanzraum der Instrumente Töne hervorzulocken.

Luca Tilli wirkte bisweilen dem Ensemble etwas entrückt, zumindest wenn er unermüdlich die nuancenreichen Klangfinessen seines Instrumentes ins Spiel zu bringen bemüht war. Damit blieb sein Spiel mehr Farbe und Atmosphäre als Aktion - es sei denn er verstärkte temperamentvoll den Druck auf die Saiten oder zupfte sich expressiv in den Vordergrund.

Das besondere an dieser Besetzung, die bereits einmal im Februar 2014 in Krailling zusammen musiziert hatte, war die Bereitschaft, überaus konkrete melodische Linien zu ziehen. Tramontana wie Tilli suchten immer wieder die gesanglichen Qualitäten ihrer Instrumente. Schindler setzte indes zunächst auf die Rolle des Gegenparts. Schließlich ging er jedoch auf die Herausforderung der beiden Italiener ein, und ließ seine Instrumente ebenfalls immer wieder schönmelodische Gesänge anstimmen.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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