Selbstversuch:"Sämtliche Autoren werden das Medium nutzen"

Selbstversuch: Joachim Kath, 82, hat in einem ersten Modellversuch ein Buch mit und über Chat-GPT geschrieben.

Joachim Kath, 82, hat in einem ersten Modellversuch ein Buch mit und über Chat-GPT geschrieben.

(Foto: Arlet Ulfers)

Der Kraillinger Joachim Kath ist ein versierter Autor und Technikfreund. Sein neuestes Werk "Think New - AI & You" hat er erstmals mithilfe von Chat-GPT geschrieben und ist dabei zum Fan geworden.

Interview von Christina Denk, Krailling

Nichts weniger als "eine totale Revolution" ist Künstliche Intelligenz (KI) für Joachim Kath. Der 82-jährige Kraillinger interessiert sich seit mehr als 40 Jahren für die neuesten technischen Entwicklungen. Damals schaffte er den ersten IBM-Computer für seine Firma an. Fast genauso lange schreibt der Autor und frühere Werbetexter Bücher über das menschliche Denken. In seinem neuesten Werk "Think New - AI & You", das im Eigenverlag erschienen ist, hat er beides kombiniert und sich und Chat-GPT die Frage gestellt, wie die KI das Denken der Menschen verändern wird. Ein Gespräch über deutsche Technikskepsis, richtige Prompts und ganz analoge Tennisfreunde.

SZ: Herr Kath, Sie sind Zeitzeuge der Verbreitung der Computer und später des Internets. Wie erleben Sie im Vergleich dazu gerade die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz?

Joachim Kath: Es ist eine totale Revolution - schrittweise. Im Moment ist es noch nicht so weit, aber ich schätze, in zwei Jahren wird Chat-GPT die nächste Stufe erreichen. Dann werden wir merken, dass die Technologie nah an das menschliche Gehirn herankommt. In Deutschland verschlafen wir die Entwicklung gerade. Bei uns lese ich: "Ja, die Gefahren" und "Darf man das denn?" Aber wir werden es doch gar nicht verhindern können, wie wir das Internet nicht verhindern konnten. Genauso bei den Computern: Da gab es ähnliche Diskussionen.

In "Think New - AI & You" haben Sie Chat-GPT direkt verwendet, die Dialoge mit der KI unter anderem abgedruckt und bewertet. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Technologie für Ihr Buch zu nutzen?

Als Selbstverleger beschäftige ich mich intensiv mit den Möglichkeiten, die sich einem bieten. Da war mir schnell klar, dass die Künstliche Intelligenz wichtig sein kann - auch wenn man Bücher schreibt. Das habe ich daher direkt aufgegriffen.

Wie haben Sie angefangen, sich mit Chat-GPT zu beschäftigen?

Ich habe mir Youtube-Videos angesehen, viele davon aus den USA. Da gibt es eine ganze Batterie an Material über den Fortschritt von GPT. Da bin ich voll drin.

Wie entstand daraus am Ende Ihr Buch?

Ich schreibe meine Bücher oben in meinem Arbeitszimmer. Da habe ich den letzten Stand der Technik. Für das Buch habe ich mir Fragen überlegt, die mich als Autor interessieren und sie an Chat-GPT gestellt. Beispielsweise: "Was ist Logik?", und anschließend: "Wie wird KI sie verändern?" Durch meine früheren Bücher und Studien kenne ich mich in den Gebieten Lernen und Denken aus und konnte die Antworten überprüfen. Sie haben zu einem Großteil gestimmt. Im Grunde brauchte man kein Wort zurückzunehmen.

Sie haben bereits vor Chat-GPT Bücher geschrieben. Wie wird sich die Buchbranche durch die Künstliche Intelligenz verändern?

Sämtliche Autoren, aber auch Journalisten und Texter werden das Medium nutzen - alle, die mit Sprache arbeiten. Davon bin ich überzeugt. Sie müssen es aber auch beherrschen. Formuliert man die Prompts nicht richtig, bekommt man auch keine richtigen Antworten. Und die Ergebnisse müssen geprüft werden. Antworten der KI können falsch sein.

Selbstversuch: Ein Stapel der Bücher, die Joachim Kath bereits geschrieben hat. Darunter sind Bücher über Marketing, menschliches Denken und Künstliche Intelligenz, aber auch ein paar Romane.

Ein Stapel der Bücher, die Joachim Kath bereits geschrieben hat. Darunter sind Bücher über Marketing, menschliches Denken und Künstliche Intelligenz, aber auch ein paar Romane.

(Foto: Arlet Ulfers)

Breite Anwendung und mögliche falsche Antworten: Haben Sie auch Bedenken, wenn mit Künstlicher Intelligenz Bücher geschrieben werden?

Ja, ganz klar. Es muss ein verantwortlicher Umgang stattfinden. Zum Teil wird mit neuen Technologien Schindluder getrieben. Wenn Wahlen in der Politik beeinflusst werden, ist das eine Gefahr. Abgesehen davon sehe ich KI als Möglichkeit. Ich schreibe gerade ein weiteres Buch, das sich mit Denken und Lernen beschäftigt - unter Einsatz der Chatbots.

Ihr aktueller Buchtitel enthält den Zusatz "and You". Wie müssen oder werden wir Ihrer Meinung nach denn neu denken?

Menschen und KI werden zusammenarbeiten. Das führt zu neuen Formen von Lernen und Denken. KI bietet die Möglichkeit, schnell und einfach an große Datenmengen zu gelangen. So kann man die Welt tiefer verstehen, aber auch objektivere Entscheidungen treffen. Außerdem wird sie uns Routineaufgaben abnehmen oder personalisierte Lerninhalte bereitstellen. So kann KI Studenten und Schülern helfen. Das sind nur ein paar der Beispiele.

KI wird wohl in vielen Lebensbereichen einen Einfluss haben. Auch in Ihrem Buch erwähnen Sie, dass man um KI nicht herumkommt. Gilt das für alle Generationen?

Das denke ich schon. Vor allem kann es für viele Altersgruppen hilfreich sein. Benötigt man zum Beispiel einen Text, den ein Siebenjähriger verstehen soll, hat der Lehrer die Möglichkeit, diesen über den Chatbot zu personalisieren, sodass ihn auch die jungen Schulkinder verstehen.

Lässt sich das auch in die andere Richtung weiterführen - für Senioren?

Ja, man könnte es versuchen. Man kann die gleiche Frage stellen und das Thema Senioren integrieren. Dann ist es möglich, dass man einen Text bekommt, den auch Hundertjährige verstehen.

Kennen Sie denn auch andere über 80-Jährige, die sich mit KI beschäftigen?

Also ich kenne 22 über 80-Jährige, die bei mir im Tennisclub sind. Bei ihnen wüsste ich nicht, dass sich einer damit beschäftigt, aber ich spreche auch nicht darüber. Wenn ich Tennis spiele, ist das Thema Tennis. Das ist wichtig: Das analoge Leben zum digitalen Profil. Dementsprechend kenne ich niemanden persönlich, mit dem ich über KI spreche. Aber für mich ist es einfach ein hochinteressantes Thema, das in Zukunft wichtig wird. Das verändert doch unsere Möglichkeiten, unser Denken.

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