Naturschutz:Huhuuu, da sind wir

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Drei der vier Waldohreulen-Kinder, die Silvia Roelcke im Juni in Krailling nördlich des Drosselwegs im Wald fotografiert hat. Ihre kreischenden Bettelrufe nach dem Futter der Eltern werden wohl bald verstummen. Dann gehen sie selbst auf die Jagd. (Foto: BI Bannwald)

Eine Waldohreulen-Familie hat sich südlich des Altenheims Maria Eich in Krailling angesiedelt, wo ein Neubau geplant ist. Der Bürgerinitiative zum Schutz des Bannwalds kommen die Tiere gerade recht.

Von Carolin Fries, Krailling

Cosima Schmid-Zeller hat die Eulen schon rufen gehört, da wusste sie noch gar nicht, dass es sich bei den kreischend hohen Tönen um junge Vögel handelte und dass diese nur wenige hundert Meter von ihrem Zimmer entfernt im Wald lebten. Die 18-Jährige hat die Bettelrufe der Jungtiere mit dem Handy aufgenommen, "immer abends von zehn bis etwa ein Uhr ist es zu hören", erzählt sie begeistert. Inzwischen hat sie die Waldohreulen-Familie mit ihren vier Jungvögeln auch schon gesehen. Für die Abiturientin, die sich in ihrer Freizeit in der Bund-Naturschutz-Ortsgruppe engagiert, sind die Vögel "ein wertvoller Schatz" - den sie bedroht sieht. Denn in dem Waldstück südlich des Altenheims Maria Eich soll auf 5000 Quadratmetern ein Betreutes Wohnen entstehen.

Öffentlichkeitswirksam hat Cosima Schmid-Zeller deshalb bei der Bürgerversammlung vergangene Woche vor mehr als 200 Kraillingern von der "sechsköpfigen Familie" geschwärmt, die sich in Krailling angesiedelt habe. Die junge Frau bekam dafür großen Applaus und auch nach Ende der Veranstaltung viel Zuspruch, wie sie erzählt.

Eulenvorkommen sind in der Gemeinde nicht bekannt. Bis in die 70er-Jahre hätten dort noch Schleiereulen gelebt, erzählt Silvia Roelcke von der Bürgerinitiative Bannwald. Aktuell gebe es rund um Maria Eich lediglich ein paar Waldkauze, die mitunter auch in den Waldstücken auf Kraillinger Flur ihre unverwechselbare Huh hören lassen. "Die Waldohreule ist hier neu", sagt sie. Roelcke vermutet, dass die Tiere aus Beständen nördlich des Waldsanatoriums aus Richtung Germering eingewandert sind. Auch sie hat die Eulenfamilie gleich ins Herz geschlossen - und will deren Lebensraum in Krailling vor einer Zerstörung bewahren. "Man liebt nur, was man kennt, und man schützt nur, was man liebt", zitiert sie Konrad Lorenz. Ihr kommen die Tiere im Kampf gegen die geplante Bebauung gerade recht.

Doch hat die Waldohreule keinen besonderen Schutzstatus und gilt auch nicht als gefährdet. Zwischen 3200 und 4900 Brutpaare gibt es in Bayern, beim Waldkauz sind es bis zu 9500, bei der Amsel zwei Millionen. Den Ornithologen im Landkreis zaubert die Kraillinger Vogelfamilie dennoch ein Lächeln ins Gesicht, kommt die Art hier nur selten vor. 2018 wurde lediglich ein Brutpaar aus Gilching gemeldet, heuer sind es bereits mehrere aus Oberbrunn, Heimathshausen, Söcking, Manthal und vom Maisinger See. "Das ist eine sehr schöne und ungewöhnliche Entdeckung", sagt Peter Brützel von der Arbeitsgemeinschaft "Starnberger Ornithologen" im Landesbund für Vogelschutz. Er hält ein ornithologisches Gutachten für sinnvoll, bevor hier gebaut wird. "Da kommen womöglich noch andere seltene Arten vor."

Für Silvia Roelcke betont die Ansiedlung der Waldohreulen die Wertigkeit des Waldes. "Das zeigt, was alles möglich ist, wenn man ein Stück Wald einfach in Ruhe lässt", ergänzt Cosima Schmid-Zeller. Bereits in den kommenden Wochen soll sich entscheiden, ob das Betreute Wohnen gebaut werden kann. Am Donnerstag, 11. Juli, will der Petitionsausschuss im Landtag über das Anliegen der Bürgerinitiative entscheiden, das Betreute Wohnen umzuplanen, so dass der Wald verschont bleibt. Dann will auch der Gemeinderat entscheiden. Bürgermeister Rudolph Haux (FDP) befürwortet das Vorhaben, für ihn ist die Waldohreulen-Aktion "ein letztes Aufbäumen" der Initiative. Es sei schön, wenn das Tier dort lebe - "aber verhindern wird es auf keinen Fall etwas". Der Wald sei auch nicht besonders schützenswert, handele es sich um einen "schnell gewachsenen Wald". Außerdem würden Ausgleichsmaßnahmen getroffen.

Silvia Roelcke betont, dass der Wald als Bannwald, als Kaltluftentstehungsgebiet Erholungswald der Stufe eins, als Klimaschutzwald und Landschaftsschutzgebiet geschützt ist. Außerdem verbinde er das erst kürzlich von der UN ausgezeichnete Biodiversitätsprojekt zum Schutz der Eremiten-Käfer im Klosterwald Maria Eich und den wertvollen Eichen-Hainbuchenwald auf der gegenüberliegenden Seite der Rudolf-von-Hirsch-Straße, welcher als "geschützter Landschaftsbestandteil" eingetragen ist.

© SZ vom 06.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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