Energiesparen:Wenn es im Ort langsam dunkel wird

Energiesparen: Die Leuchten in der Ludwigstraße in Krailling hat die Gemeinde zuletzt auf LED umgerüstet.

Die Leuchten in der Ludwigstraße in Krailling hat die Gemeinde zuletzt auf LED umgerüstet.

(Foto: Nila Thiel)

Das oberbayerische Krailling beleuchtet seine Straßen neuerdings nur noch mit halber Kraft. Die LED-Laternen können weitaus stärker gedimmt werden als herkömmliche Lampen. Warum das nicht nur den Bürgermeister freut.

Von Carolin Fries, Krailling

Ob es den Kraillingern schon aufgefallen ist? Seit vergangenem Freitag ist es ein wenig dunkler im Ort. Denn die Gemeinde spart bei der Straßenbeleuchtung: Alle Laternen, die bereits auf die sparsame LED-Leuchttechnik umgerüstet sind, hat man auf die Hälfte ihrer Leuchtkraft heruntergedimmt. Damit ist die Würmtal-Gemeinde neben einer Kommune in Franken Teil eines Pilotprojekts der Bayernwerk AG. Ziel der Maßnahme ist es, Energie einzusparen, wie Kraillings Bürgermeister Rudolph Haux (FDP) sagt. Und nebenbei freilich auch bares Geld: Mit etwa 3000 Euro weniger Kosten im Jahr rechnet man im Rathaus.

In Krailling gibt es 994 Straßenleuchten. Der Großteil verfügt noch über konventionelle Natriumdampflampen, in etwas mehr als 300 Laternen aber erstrahlen in der Abenddämmerung LED-Leuchten. Nur diese lassen sich technisch und wirtschaftlich rentabel dimmen, wie Bayernwerk-Sprecher Michael Bartels sagt. Und in immer mehr Kommunen wird das auch längst gemacht. In der Regel wird die Leuchtkraft stufenweise heruntergefahren, von 22 Uhr an um bis zu 30 Prozent und von ein Uhr an um bis zu 50 Prozent. Morgens von vier Uhr an wird die Leuchtkraft dann wieder auf die volle Stärke heraufgefahren. Auch in Krailling war das so - bis Haux vor wenigen Wochen bei der Bayernwerk AG nachfragte, ob da noch mehr möglich sei.

Deutschlandweit wird in der aktuellen Energiekrise diskutiert, ob Gebäude und Straßen nachts überhaupt beleuchtet werden müssen - und wenn ja, in welchem Umfang. Die Debatte, die in ihren Extremen zwischen Lichtverschmutzung und der Gefährdung der Verkehrssicherheit pendelt, hat mit der aktuellen Situation auf dem Energiemarkt eine ganz neue Dimension bekommen, schließlich brennen die Lampen 4050 Stunden im Jahr. In einigen bayerischen Gemeinden wird bereits diskutiert, die Beleuchtung in bestimmten Bereichen für wenige Stunden in der Nacht auszuschalten. In Erlenbach am Main im Landkreis Miltenberg ist es nachts bereits stockfinster: Dort schaltet die Stadt die Beleuchtung zwischen ein Uhr und fünf Uhr komplett aus.

"Den Unterschied merkt man mit dem bloßen Auge nicht", sagt der Bürgermeister

Pure Dunkelheit kann und will sich Haux für Krailling nicht vorstellen. Doch etwas weniger Licht, das sei durchaus möglich. Um die LED-Lampen im Gemeindegebiet auf 50 Prozent ihrer Leuchtkraft zu dimmen, sind in den vergangenen Tagen eigens sogenannte Steiger zu den Lampen hinaufgeklettert, um die Leuchtdioden entsprechend zu programmieren. "Den Unterschied merkt man mit dem bloßen Auge nicht", sagt der Bürgermeister - lediglich im direkten Vergleich mit einer in voller Stärke leuchtenden Lampe lasse sich die heruntergedimmte Leuchtkraft feststellen. Die Einsparung sei "aber durchaus bemerkenswert", wie Haux findet. So sparte die Gemeinde mit der herkömmlichen Nachtreduzierung 5352 Kilowattstunden Strom im Jahr. Nun kommen zusätzliche 9495 Kilowattstunden hinzu. "Wenn man das mal hochrechnet auf mehrere Gemeinden und Städte, kommt da richtig was zusammen", sagt Haux.

Energiesparen: Kraillings Bürgermeister Rudolph Haux (FDP) will die "begrenzten Möglichkeiten der Gemeinde nutzen", um Energie zu sparen.

Kraillings Bürgermeister Rudolph Haux (FDP) will die "begrenzten Möglichkeiten der Gemeinde nutzen", um Energie zu sparen.

(Foto: Nila Thiel)

Bei aller Euphorie fürs Energiesparen ist ihm aber auch wichtig, dass sich die Kraillinger im Ort wohl fühlen, auch nachts. Licht schafft ein Gefühl der Sicherheit, welches der bayerische Gesetzgeber den Kommunen zur Pflicht macht. So heißt es in der Wege- und Straßenverordnung, dass die Gemeinden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung innerörtlich "nach ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen zu beleuchten" haben. An Fußgängerüberwegen und Zebrastreifen werden die Laternen in Krailling deshalb nicht gedimmt. Sparen ja, aber nicht um jeden Preis.

Bürgermeister Haux hat in den ersten Tagen des Pilotprojekts noch keine Beschwerden erhalten, dass Licht vermisst werde. Meist sei es ohnehin andersherum: Dass umgerüstete LED-Leuchten abgeschirmt werden müssen, weil sie zu hell in Wohnungen und Häuser strahlen, wie zuletzt in der örtlichen Ludwigstraße. Dennoch ist Haux überzeugt von der LED-Technik, weshalb die Gemeinde die Umrüstung auch mit einem straffen Sparprogramm fortsetzen werde. "Jedes Jahr ein, zwei Straßen", kündigt der Bürgermeister an.

Die Investition lohne sich mehr denn je, wie Bayernwerk-Sprecher Bartels vorrechnet. "Früher ging man davon aus, dass sich die Kosten für die Umrüstung innerhalb von zwei Jahren amortisieren." Angesichts der gestiegenen Strompreise seien es aktuell nur noch vier Monate. Manche Gemeinden würden deshalb auch ohne Fördermittel von Bund und Freistaat handeln - schlicht, weil sie nicht länger unnötig Geld ausgeben wollen.

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