Irgendwer hatte mal die Telefonnummer der kostenlosen Zeitansage in China herausgefunden. Mit Vorwahl. Das war lustig. Da konnte man dann von einer Telefonzelle aus anrufen und sich den Singsang anhören. Telefonzelle war deshalb wichtig, damit nicht durch ein blödes Missgeschick auf einmal eine horrende Rechnung anfällt, was dann auch einmal passiert sein soll. Aber sonst waren im schlimmsten Fall zwanzig Pfennig weg.
Aber das nur ganz nebenbei, ist auch schon ziemlich lange her, ist mir nur nach einem Anruf im Kraillinger Rathaus zufällig, quasi frei assoziativ, wieder eingefallen. Aber das müsst ihr unbedingt mal ausprobieren: Im Bürgerbüro anklingeln, und zwar dann, wenn dort niemand ist. Dann erhält man nämlich eine Auskunft per automatischer Ansage, mit der man, nunja, nicht unbedingt rechnet: "Im Moment sind keine Agenten in der Schlange verfügbar."
Ähm, was heißt das jetzt? Dass in diesem erhabenen Kommunalbau Morpheus und Neo nebenbei den Telefondienst für Bürgermeister Rudolph Haux übernommen haben? Ihr wisst schon: die Guten in dem famosen Thriller "Matrix", die sich ständig im wahrsten Sinne des Wortes mit Agenten herumschlagen müssen? Dort spielen übrigens auch Telefone eine zentrale Rolle, aber dazu vielleicht später.
Aber wie sollen wir uns das vorstellen? Etwa, dass sich üblicherweise Männer mit grauen Anzügen, dunklen Sonnenbrillen und üblen Absichten unter die Wartenden vor dem Rathaus mischen, nur jetzt halt gerade nicht. Entwarnung: keine Agenten in der Schlange. Sonst aber oft viele in langer Reihe, die Treppe herunter, über den Vorplatz, gar über die Rudolf-von-Hirsch-Straße hinweg. Herr Haux, müssen wir uns Sorgen machen?
Jetzt aber erstmal zwei Testanrufe andernorts im Fünfseenland, um zu erkunden, wie es hier generell um die Agententätigkeit bestellt ist. Und zwar um 4 Uhr nachts, weil dann sicher niemand persönlich den Hörer abhebt. Und wenn doch, wäre das erst richtig interessant gewesen. Aber ich kann euch sagen: Entwarnung. In Herrsching sagt die Ansage, dass man leider außerhalb der Geschäftszeiten anrufe. Nun, um diese Zeit durchaus plausibel, legitim, nachvollziehbar. Eher keine Agententätigkeit. In Starnberg heißt es hingegen, das Rathaus sei bis auf Weiteres ausschließlich per Telefon, Post, E-Mail und Fax erreichbar. Überraschend, dass es Faxgeräte überhaupt noch gibt; von Agenten, die damit arbeiten, droht keine Gefahr.
Nun noch ein Blick ins Internet, das ja alles weiß. Dort heißt es aus berufener Quelle, das von der Sache mit den Agenten Anrufer "ziemlich verwirrt" sein könnten. Kann mal wohl sagen. Und besorgt.
Es ist dann Wochenende, das Kraillinger Rathaus verwaist. Da werde ich mal im Lauf der beiden Tage hineindiffundieren und überprüfen, ob da nicht doch irgendwo eine Schlange ist oder immerhin ein schwarzes Telefon mit Wählscheibe und Schnur, wie in Matrix.