Kraftakt:Kraftakt

Vladimir Kostadinovic 4tet mit jazzigem Powerplay im Bosco

Von Reinhard Palmer, Gauting

Es war über weite Strecken ein reines Powerplay. Das Vladimir Kostadinovic 4tet besteht aus Musikern, die allesamt grandiose Techniker sind und ohne zu ermüden schon mal eine Viertelstunde lang in Höchstgeschwindigkeit und bei bemerkenswerter Transparenz Skalen und halsbrecherische Figurationen rauf und runter fetzen können. Und dies leider auch immer wieder taten. Diese musikalische Euphorie, ja bisweilen Ekstase des Bebop und Hard Bop kam denn auch nicht gleich beim Publikum an. Im gut gefüllten Gautinger Bosco schienen die Zuhörer zunächst erschlagen zu sein von der Energie und satten Klangflut, die von der Bühne zumindest im ersten Set recht einförmig herabströmte. Es waren vor allem die Serben Kostadinovic (Schlagzeug) und Milan Nikolić (Kontrabass) - anstelle von Joe Sanders - sowie der Slowene Marko Črnčec (Klavier), die als ein eng aufeinander eingespieltes Trio ordentlich aufs Gaspedal drückten. Alle drei hatten zuletzt in Graz studiert, bevor sie Erfahrungen in New York sammeln konnten. Der aus Georgia (USA) stammende schwarze Tenorsaxophonist Tivon Pennicott hatte keine Mühe, diesem Kraftakt Stand zu halten, ja sich bisweilen vor allem mit Črnčec heftige Duelle zu liefern.

Aber gerade Pennicott lag es viel mehr, den warmen Klang seines Instruments auszukosten. In Balladen konnte er die Melodien berührend weich aussingen und auch in höchsten Lagen zum Schweben bringen. Die klangexperimentellen Impulse gingen vor allem von ihm aus, verstärkt in der zweiten Konzerthälfte. Und das Publikum konnte sich am meisten dafür begeisterte, wenn überraschende Wendungen für rhapsodische Erzählpassagen sorgten, klirrende Klavierhöhen eine düstere Basspassage kontrastierten oder ein diffuser Klangteppich aus repetitiven Figuren einem Schlagzeugsolo jede Freiheit für rhythmische Brechungen eröffnete. Drummer Kostadinovic ist ohnehin ein Präzisionsrhythmiker der Extraklasse. Sein Spiel erwies sich als so farben- wie variantenreich. Das damit vorgestellte neue Album "The Left Side Of Life", das live beim Generations International Jazz Festival in Frauenfeld aufgenommen wurde, ist daher auch sonst wohl keine CD für den Liebhaber feinsinniger Klangvariationen. In Gauting ernteten die Musiker schließlich frenetischen Applaus.

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