Konzertkritik:Crossover für Mondanbeter

Pöcking, La Villa, Vollmondserenade

Stimmig: Die Formation "Chop & Espresso" bei der Vollmondserenade auf dem Gelände des Hotels La Villa.

(Foto: Georgine Treybal)

Das aus zwei Gruppen gebildete Ensemble "Chop & Espresso" spielt in Pöcking Bossa Nova, Surfrock und klassische Musik von Händel und Delibes unterm Sternenhimmel

Von Reinhard Palmer, Pöcking

Lange ließ er auf sich warten. Doch sein imposanter Auftritt entschädigte für Mückenstiche und recht frische Nachttemperaturen. Auf der Bühne wurde gerade das spannungsgeladene "Misirlou" aus dem Film "Pulp Fiction" gespielt, als der Vollmond hinter der Hügelkette hervorlugte und sein Licht über den Starnberger See ergoss. Die "Vollmondserenade unterm Sternenhimmel" des Hotels La Villa in Niederpöcking war damit perfekt. Nach lukullischem Verwöhnprogramm schmeichelte dazu das Ensemble Chop & Espresso unter freiem Himmel den Ohren.

Der ungewöhnliche Name der Formation verrät schon etwas über ihre Entstehung. Hier treffen Mitglieder von zwei Ensembles aufeinander, um in der Schnittmenge vor allem klanglich etwas Neues hervorzubringen. Die Band Chop Gelado, in der der portugiesische Gitarrist und Sänger Paulo Alves, Tom Reinbrecht am Tenor- und Sopransaxophon, sowie Schlagzeuger und Perkussionist Thomas Simmerl beheimatet sind, ist vor allem für brasilianische Musik bekannt. Die drei Musiker daraus sorgten nicht zuletzt für den Pop im Programm.

Alexa Beattie an der Viola sowie Anna Rehker am Violoncello sind nicht minder vielseitige Musikerinnen, die sich im Ensemble Espresso Espressivo in Besetzungen vom Duo über Klaviertrio bis hin zum Streichquartett sowohl der aktuellen U-Musik widmen als auch der klassischen Literatur.

Letzteres ist in zweierlei Hinsicht das Thema bei Chop & Espresso: Zum einen mit feierlich-galanten Zäsuren im Programm mit Stücken wie "La Rejouissance" aus Händels Feuerwerksmusik, dessen Chaconne, Schostakowitschs Walzer oder dem zauberhaften Blumenduett aus Delibes' Oper "Lakmé" jeweils in Triobesetzung mit dem wunderbar schwebenden Ton des Sopransaxophons anstelle der Violine. Zum anderen konnten die beiden Streicher einen satten Orchesterklang liefern, vor allem wenn es darum ging, verträumte Gitarren-Balladen mit der warmen Stimme von Alves auszubreiten, wie etwa in "Joana dos Barcos" von Ivan Lins oder im weitschweifenden "Este seu Olhar" des berühmten Antônio Carlos Jobim.

Aber das Ensemble lebte darüber hinaus vom Reichtum der Differenzierung, die in der Besetzung wie im Repertoire viele Möglichkeiten fand, wobei Perkussionist Simmerl sehr zurückhaltend und mit reduzierten Mitteln den rhythmischen Motor ebenso als feinsinnige Farbkomponente begriff.

Mal groovte es, mal erblühten die Instrumente in luftiger Leichtigkeit, mal tänzelte es spritzig und vergnügt von der Pöckinger Bühne, mal massierte Sentimentalität die Seele. Das war schon ein überaus reichhaltiges Crossover in dennoch schlüssiger Homogenität. Begeistertes Publikum - und eine Zugabe.

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