Konzert und Kabarett:Ringsgwandl und der Jazz

Ringsgwandl in Starnberg; Musikkabarett in der Schloßberghalle

Macht momentan einen Jazz-Kurs an der Volkshochschule. Sagt er. Georg Ringsgwandl bei seinem Konzert in der Schlossberghalle.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

In der Starnberger Schlossberghalle präsentiert der Kabarettist und Liedermacher mit seiner Band vor allem Songs aus der neuen CD "Woanders" und macht dazwischen Kabarett zum Niederknien

Von Gerhard Summer, Starnberg

Was ausgerechnet der Georg Ringsgwandl in so einer Wahnsinns-Reihe wie "All that Jazz" zu suchen hat? Ja natürlich überhaupt nichts. Er tritt deshalb auch nur als Moderator auf und überlässt seinen EU- und USA-zertifizierten Musikern das Feld. Diesen Jazzgrößen, die sich nur noch daran gewöhnen müssen, dass so viele Leute in die Starnberger Schlossberghalle gekommen sind. Und die auch nichts dafür können, dass schlichtere volkstümliche Lieder zu hören sein werden. Nein, das ist wegen ihm, damit er mitspielen kann.

Allein Ringsgwandls Erzählungen sind den Eintrittspreis schon wert. Was der Mann aus Bad Reichenhall zwischen den Songs so treibt, ist wunderbares, scheinbar locker aus dem Ärmel geschütteltes Kabarett: Ringsgwandl macht sich lustig über den Jazz, das Bildungsbürgertum und die Reichen am Starnberger See, mehr noch über sich selbst. Und er führt aufs Schönste vor, wie jemand an Größe gewinnt, der sich kleiner redet, als er ist. Das Tückische daran: Oft bleibt in der Schwebe, was Blödsinn ist, übertrieben und wahr. Stimmt es also, dass er in seinen Songs nie eigene Erlebnisse verarbeitet ("i bin doch ned wahnsinnig")? Gab es bei ihm Zuhause nur Bücher, die der Vater bei Wettschießen der Wehrmacht gewonnen hatte? Sind in seiner Familie alle Spinner? Kann es sein, dass er Holzfäller-Lieder im Koffer seiner Zither gefunden hat? Und: Ist der Oberarzt wirklich bei den Aufnahmen zur neuen CD "Woanders" krank gewesen und hat deshalb Betreuer gebraucht, "ich wollt' schon sagen: Bewährungshelfer"? Muss man sich Sorgen machen um den 68-Jährigen?

Eher nein. Als Kabarettist und Texter ist Ringsgwandl, der erst in Jeansjacke und Hut und nach der Pause im beigen Anzug auf die Bühne kommt ("es wird an nix g'spart") ganz der Alte: sehr ironisch, feinsinnig fies, unheimlich komisch und mit Hang zur Absurdität. Dass Geld nicht glücklich macht, gehört nach wie vor zu seinen Botschaften. Er reimt geldaffin auf Feldafing und resümiert: "I hab die falsche Bank aus'graubt, jetzt langt's bloß no für Seeshaupt". Und natürlich singt Ringswandl, der einstige Gurkenkönig, von Verlierern, Träumern, Scheiternden oder davon, wie sich ein Dorf freiwillig zugrunde richtet.

Aber was ist mit der Musik? Von Rock'n'Roll und Punk ist fast nichts geblieben, Ringsgwandl und seine tatsächlich erstklassige Band klingen über weitere Strecken melancholisch und altersmilde. Was in erster Linie mit den Songs seiner neuen bluesigen Platte zu tun hat. Die Lieder sind zwar allesamt auf den Punkt geschrieben, aber etliche plätschern fad vorbei: die Ballade "Oberpfalz" etwa, die "Spargelkönigin" oder "Dawischt". Da hilft es auch nicht viel, dass vor allem Gitarrist Daniel Stelter in seinen Solos alle Register zieht und mit Klassik-Technik, blitzschnellen jazzigen Läufen und hoch eleganter Phrasierung wie für zwei spielt. Wenn Ringsgwandl aber Funk, Reggae, einen älteren Shuffle oder sogar "Hühnerarsch sei wachsam" reinmischt, kommt deutlich mehr Leben in die Bude. Was auch mit dem zum Wiehern komischen Prolog zu seinem alten Hit zu tun hat. Ringsgwandl steht am Keyboard und rezitiert hustend: "Ich bin verunsichert, unqualifizierte Kollegen trachten nach meiner Planstelle . . . Die Lung', die Lung', is was mit der Lung'? Oder de Bronchien? Schau ich zu viel fern?"

Nein, fast alles gut. Ein paar schnelle Nummern oder ein paar ältere Hits wären vielleicht keine schlechte Idee gewesen. Aber so ein Starnberger Jazz-Abend ist halt kein Wunschkonzert. Tosender Applaus.

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