Konzert und Ballett:Ganz klassisch

Bei der dritten Langen Nacht der Kunst und Kultur in Gilching dominiert die Ernste Musik. Lea-ann Dunbars Nachtgesänge und Dmitrij Romanovs Liszt-Interpretation markieren zwei Höhepunkte. Poetische Qualitäten haben auch die Tanzdarbietungen

Von Reinhard Palmer, Gilching

So ein breitgefächertes Programm auf die Beine zu stellen, ist eine Leistung, zumal als Benefiz auf Spendenbasis, diesmal zugunsten der Nachbarschaftshilfe Wörthsee. Zum dritten Mal brachte das Kunstforum die Lange Nacht der Kunst und Kultur in die Aula des Gilchinger Gymnasiums. Einmal mehr mit Darbietungen, die zum großen Teil etwas Besonderes waren, sei es im lokalen oder persönlichen Kontext, beispielsweise mit einem Klaviertrio, das Kammermusik im ursprünglichen Sinn als Musizieren unter Freunden zum Besten gab.

Franz Amann, langjähriger Solocellist des Bayerischen Staatsorchesters, hat sich eigentlich vom öffentlichen Konzertieren zurückgezogen. Er ließ es sich aber nicht nehmen, mit seiner hochbegabten 20-jährigen Enkelin Johanna Tüscher aus Basel an der Violine und seiner langjährigen Klavierpartnerin Kazue Weber-Tsuzuki noch einmal ins Rampenlicht zu treten. Die klanglich ausbalancierte Homogenität, die dieses Trio erreichte, hatte wohl auch mit den persönlichen Verbindungen zu tun. Die Drei erspürten jedenfalls feinsinnig die Farbigkeit des Brahms-Trios C-Dur op. 87. Als Gegengewicht zum verhalten virtuosen Klavier stellten Tüscher und Amann ein im Ausdruck gänzlich einhelliges Duospiel gegenüber: mit Leidenschaft in den Ecksätzen, wehmütig im Andante, geisterhaft dahinhuschend im Scherzo.

Gilching Gymnasium, Lange Nacht der Musik und Kultur

Projizierte Bilder in Bewegung umgesetzt: Junge Tänzer aus Starnberg zeigen bei der Langen Nacht der Kunst und Kultur poetisches Ballett.

(Foto: Georgine Treybal)

Ein starker Block mit E-Musik begann damit und sollte gleich auf einen Höhepunkt zusteuern: Die Sopranistin Lea-ann Dunbar - 2020 in Bayreuth als Rheintochter Woglinde zu hören - brachte ihre Klavierbegleiterin mit, die nicht minder renommierte, mit atemraubendem Ebenmaß spielende Sophie Raynaud, um mit Nachtgesängen mehrsprachig zu betören. Dunbar versteht sich auf Oper, Oratorium und Lied - und ist damit enorm vielseitig. Das Wogen der Emotionen erspürte sie mit feinsten Nuancen, absolut klar in der Diktion und in der Kolorierung des Ausdrucks - vom melancholischen Sinnieren in "Die Nacht" op. 10/3 von Richard Strauss bis zur koketten Satire "Vergebliches Ständchen" op. 84/4 von Johannes Brahms.

Eine enge Verbindung zum Kunstforum pflegt seit langem der russische Pianist und Komponist Dmitrij Romanov. Seine Interpretationskunst basiert auf der Denkweise eines Komponisten, der die Ausdrucksmittel sorgfältig aufspürt und analysiert. Und er machte es sich nicht leicht mit Liszts h-Moll-Sonate, trieb die extremen Ausprägungen auf die Spitze, zumal ihm seine spieltechnischen Möglichkeiten kaum Grenzen setzen. Mit extremem Rubato formte er plastisch, beschleunigte immer wieder bis zur Raserei, ließ brüske Ausbrüche geradezu detonieren, konnte aber auch mit unendlicher Geduld Klangspuren nachhören oder düster grollende Gewitter mit schier berstender Spannung ankündigen. Seine akkordischen Apotheosen beeindruckten mit monumentaler Größe.

Gilching Gymnasium, Lange Nacht der Musik und Kultur

Der Auftritt der Sopranistin Lea-ann Dunbar und ihrer Klavierbegleiterin Sophie Raynaud (links) ist einer der Höhepunkte des Abends.

(Foto: Georgine Treybal)

Die Musik spielte schon im Kinderprogramm eine zentrale Rolle, das nicht nur für Kinder, sondern auch von Kindern gemacht war. Klavierpädagogin Dora Novak-Wilmington übernahm die virtuosen Stücke, ließ den größeren Teil aber von ihren Klavierschülern stemmen, die in fliegenden Wechseln laufend neue Klavierduos bildeten, während Marietta Richter eine großartige Lesung der "Promenade eines Bären" von Martina Neander hinlegte. Traditionsgemäß gibt es in Gilching auch eine große Ballett-Darbietung, die diesmal das Ballettzentrum Starnberg (Leitung: Nikolay Georgiew) und das Tanzzentrum Starnberg (Stephanie Holzapfel) bestritten. Die Eleven setzten an die Rückwand projizierte Bilder in Bewegung um, das alles mit Live-Zwischenmusiken von und mit Leander Kaiser. Auf diese Weise fügten sich die Bilder zu einem großen Ganzen.

Mit Licht und farbigen Outfits boten die rein weiblich besetzten Tanznummern einen optischen Akzent im Gesamtprogramm, das mit Fisherman's Break Jazz-Duo als einziger nichtklassischer Einlage zu Ende ging. Das seit 35 Jahren bestehende Duo mit Thorsten Klentze (Gitarre) und Wolfgang Wahl (Tenorsaxophon) gab einen Querschnitt durch sein Programm und erreichte mit dem Sampler instrumentale Fülle. Der abwechslungsreiche Abend hätte allerdings vollere Ränge verdient.

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