Konzert:Strenge Festlichkeit

Gauting, Kirche St.Benedikt,  Konzert

Dirigent Johannes X. Schachtner agiert in der Kirche Sankt Benedikt kraftvoll und mit großen Gesten.

(Foto: Georgine Treybal)

Johannes X. Schachtner und der Kammerchor des Collegium Bratananium zelebrieren Bachs h-moll-Messe

Von Reinhard Palmer, Gauting

Es war durchaus ein wichtiger Kunstgriff, sich für das Barockorchester "Concerto München" zu entscheiden. Der Kammerchor des Collegium Bratananium hätte im Gautinger St. Benedikt durchaus auch modernen Instrumenten genügend Kraft entgegen bringen können. Aber die Anlage der großdimensionierten h-Moll-Messe von Bach ist nicht gerade auf die festlich-barocke Brillanz fokussiert. Im Gegenteil: Der theologische Gehalt ist katholisch, daher strenger formuliert und verzichtet auf opernhafte Effekte.

Es ist zudem die einzige Messe Bachs, die das vollständige Ordinarium des lateinischen Messetextes zum Klingen bringt, daher auch eine langsamere Entwicklung ansetzt. Was allerdings nicht bedeuten soll, dass Bach auf strahlende Festlichkeit gänzlich verzichtet hätte. Streng vom Inhalt ausgehend, setzt etwa "Et resurrexit" im zweiten Teil (Symbolum Nicenum) geradezu eruptiv ein, um ein Feuerwerk zu entfachen. Großartig auch im freudig erregten "Gloria" des ersten Teils (Missa) oder im "Pleni sunt coeli" als Finale des dritten Teils (Sanctus) in straff rhythmisierter Beherztheit. Oft ging es aber nur um kurze Akzente, Bedeutungsschwerpunkte im Text, die Johannes X. Schachtner am Pult sorgsam vorbereitete und in den dramaturgischen Verlauf wirkungsvoll einzubinden verstand. Schachtner agierte kraftvoll und mit großen Gesten, die rein optisch bisweilen überdimensioniert erschienen. Aber es ging hier darum, in die reduzierten Mittel dieser Messe maximalen Ausdruck zu legen, um aus der Bedeutungstiefe zu wirken. Ein ganz und gar einleuchtender Zugriff bei diesem epochalen Werk. So konnten auch Chorsätze zu Feierlichkeit gelangen, die nicht per se darauf ausgerichtet sind, so etwa das "Credo in unum Deum" zu Beginn des zweiten Teils.

Doch die beherrschende Qualität des chorsinfonischen Werkes blieb die plastische Formung der vielen achtstimmigen Chöre, die aufgrund der klanglichen Nähe zu den historischen Instrumenten mit dem Orchester eine besondere Symbiose eingingen. Es glich schon einer sensiblen Gratwanderung, der feinsinnig austarierten Balance die nötige Transparenz zu verleihen, ohne die reiche Farbigkeit zu vernachlässigen. Das so wohltuende Wogen bei Bach kam ebenso wenig zu kurz, wie dessen subtile Dramatisierungen, in denen die Ensembles ihre Klangsubstanz entsprechend dunkel zu ballen vermochten.

Wie schon beim Orchester, griff Schachtner auch bei den Solisten auf Musiker der jüngeren Generation zurück, die zudem nicht auf ein einziges Gesangsfach fokussiert sind. Neben Oper gehören eben auch Oratorien und Liedgesang zu ihrem Repertoire. Stephanie Pfeffer (Sopran), Carmen Artaza (Mezzosopran), Stefan Steinemann (Altus), Thomas Köll (Tenor) sowie Frederic Jost (Bass) zeigten denn auch ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen, als es darum ging, mit solistisch auftretenden Instrumenten zu dialogisieren. Ein typischer Kunstgriff Bachs, der hier mit der wunderbaren Barockvioline, den Traversflöten, Oboi d'amore oder dem Corno da Caccia klanglichen Zauber ausbreiten konnte. Nicht zu vergessen auch die Basso-continuo-Gruppe, das straff, aber doch recht dezent mit zwei geschmeidigen Fagotten für eine unterschwellige Frische sorgte. So schloss sich alles zu einer stimmigen Interpretation zusammen. Schränkte die Mitwirkenden dennoch nicht ein, ihre großen Momente auszukosten. Ganz in Einklang mit der barocken Sinnenfreudigkeit und der Schonung der begeisterten Zuhörer, die ja ungewöhnlich lange ausharren mussten.

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