Konzert:Solo für Kontrabass

Schäftlarner Konzerte

Florian Gmelin zeigt in der Schäftlarner Klosterkirche, was alles in seinem Kontrabass steckt.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Florian Gmelin begeistert in der Klosterkirche Schäftlarn

Von Paul Schäufele, Schäftlarn

Um den in diesen Wochen virulenten Ratgebertexten der Kategorie "Was bei der Hitze hilft" noch einen hinzuzufügen: Also, was hilft bei der Hitze? In die Schäftlarner Konzerte zu gehen, zum Beispiel. Nicht nur, dass Kirchenraum und der wunderbare Prälatengarten angenehmstes Kontrastklima bieten, auch das musikalische Programm verspricht Erfrischung. Neben zwei beliebten Werken der Orchesterliteratur stellte Florian Gmelin den Kontrabass als Soloinstrument vor, der in dieser Funktion immer noch zu den großen Unbekannten zählt.

Joseph Haydns symphonisches Schaffen gilt ebenfalls in Teilen als Terra incognita. Auf die g-Moll-Sinfonie mit der Nummer 83 trifft das jedoch nicht zu. Das Werk ist unter seinem Beinamen "La Poule", das Huhn, bekannt. Und wie so oft trägt der nicht originale Beiname zu unglücklicher Hörerlenkung bei. Geflügelmusik, das passt zum Bild des harmlosen, aber irgendwie halbseriösen Papa Haydn. Das Orchester der Schäftlarner Konzerte unter Michael Forster nimmt das Werk dagegen vom ersten Takt an ernst. Das Hauptthema des Kopfsatzes kommt zupackend und leidenschaftlich; Beethoven kündigt sich an. Der zweite Satz scheint wie geschaffen für die Nachhallakustik der Klosterkirche - Terzwiederholungen scheinen sich endlos im Raum zu verlieren, bis sie durch energische Fortissimo-Akkorde unterbrochen werden. Das Menuett bereitet mit gutmütigem Witz und den rhythmischen Spielereien auf das leicht und tänzerisch interpretierte Finale vor.

Das sind Qualitäten, die man nicht automatisch mit dem Kontrabass in Verbindung bringen würde. Aber die gängigen Stereotype (die sich charmanterweise in einem höchst erfolgreichen Einpersonenstück aus dem Jahr 1980 nachlesen lassen) haben mit dem Spiel Gmelins nichts zu tun. Der Solobassist des Bayerischen Staatsorchesters spielt das Concertino des Schweden Lars-Erik Larsson mit fabelhaftem Sinn für Stimmung und Klangfarbe. Der erste Satz, Ballade, wird so zum expressiven Erzählstück über getupften Akkorden. Das so schwer zum Klingen bringende Instrument lässt aufhorchen: nie dumpf, stets geschmeidig und mit warmem, erdigem Timbre. Das Arioso gibt Raum für reinen, schwermütigen Gesang. Schnörkellos ausgeführt, den schlichten Melodieverlauf intensiv nachverfolgend, hat der kurze Satz beinahe hypnotische Wirkung.

Den virtuosen Abschluss bildet das verschmitzt-robust daherkommende Finale. Gmelin lässt den Bogen hüpfen und zeigt bravourös, welche Leichtigkeit, welcher Charme in dem Instrument und dem Concertino stecken. Und so darf sich das faszinierte Publikum über zwei Zugaben freuen. Zwei Sätze aus Hans Frybas, des Kontrabass-Granden, "Suite im alten Stil". Es ist auch eine Verneigung vor den barocken Meistern des Violone-Spiels, polyphon und komplizierte Doppelgrifftechnik einfordernd - ein schweres Stück. Gmelin meistert auch das makellos.

Mozarts Geist aus Schuberts Händen: Mit der fünften Sinfonie des Neunzehnjährigen endet das Konzert. Dass der junge Schubert sich an den Wiener Klassikern orientiert hat, macht Forster klanglich deutlich. Er präsentiert die Sinfonie schlank und in fließenden Tempi, setzt Vibrato gezielt ein und nimmt die Akzente der Partitur genau. Das Ergebnis ist ein zeitgemäßer Schubert, immer auf der Grenze zwischen Serenität und Abgründigkeit. Das Publikum dankt mit lang anhaltendem Applaus.

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