Konzert:Lustvolle Spielfreude

Konzert: Mit der E-Violine liefert sich Jazzgeiger Max Grosch ein packendes Duell mit E-Bassist Raoul Walton.

Mit der E-Violine liefert sich Jazzgeiger Max Grosch ein packendes Duell mit E-Bassist Raoul Walton.

(Foto: Arlet Ulfers)

Max Grosch und Freunde beim 1. Bernrieder Musikfestival

Von Reinhard Palmer, Bernried

Jetzt hat Bernried also auch ein Festival. Ein gemischtes zwischen Jazz und Klassik, ist doch im zweiten Konzert das Diogenes Quartett mit klassischem Repertoire zu hören. Zwar musste das 1. Bernrieder Musikfestival auf die Open-Air-Variante im Auftakt verzichten, doch der Stimmung tat es keinen Abbruch. Angesichts des nicht vorhergesagten dramatischen Weltuntergang-Szenarios verlegte der künstlerische Leiter Max Grosch die Bühne in letzter Minute eigenhändig ins Café des Buchheim Museums. Es wurde dort zwar recht eng, doch die Jazzclub-Atmosphäre stellte sich bald ein und gewann der etwas provisorischen Ersatzvariante gar einen gewissen Charme ab.

Der Jazzgeiger Max Grosch hatte zu diesem Eröffnungstermin eine Truppe eingeladen, die beim Open-Air-Spiel in der Lage gewesen wäre, selbst auf der offenen Wiese ordentlich einzuheizen, was sich im Café entsprechend potenzierte. Allen voran ist der E-Bassist Raoul Walton zu nennen, der die New Yorker Bronx nicht verlassen hatte, um hier auf betulich zu tun. Er passte sich zwar dem gegebenen Rahmen musikalisch an, doch man spürte, wie es ihn in den Fingern juckte, weiter aufzudrehen und über seinen ohnehin schon angereicherten Walking Bass hinauszugehen. Die Gelegenheit sollte er erst im umjubelten "Ella Latin" von Matthias Bublath zum Abschluss bekommen, in dem er sich mit Grosch ein packendes Duell lieferte und sich die Band in Ekstase steigerte. Nachdem der Geiger seine E-Violine eingesetzt hatte und ihren Klang zudem elektronisch variierte, konnte auch er der Funk-Nummer ordentlich Pfeffer einstreuen. Aber sonst blieb er doch eher der inspiriert umherschweifende Poet, der selbst den packendsten Soli stets auch einen Hauch elegischer Weite zu verleihen vermochte. Groschs Ballade "Lenis Tune" brachte einen melodischen Höhenflug in Richtung Irish Folk.

Mit dem "Mambo influenciado" des Kubaners Chucho Valdés das Festival zu beginnen, war wohl als eine klare Ansage zu werten, die Ausrichtung auf ein sommerliches Vergnügen hin zu sehen. Dass die Band dafür eher wohlige, meist heitere, mit Latin-Rhythmen immer wieder angereicherte Titel servierte, gefiel dem erfreulich durchmischten Publikum, das sich bereitwillig begeistern ließ. Und das bedeutete, dass auf den österreichischen Schlagzeuger Christian Lettner viel Arbeit zukommen sollte. Der Passport-Drummer ist schon eine feste Größe des europäischen Jazz. Für diesen Abend erwies sich zudem seine Vielseitigkeit als eine besondere Bereicherung, sollte doch stilistisch alles erlaubt sein, was Spaß macht und gut ankommt. Lustvoll und spielfreudig musizieren: Das war die einzige Devise, die auch vollkommen ausreichte.

Der Keyboarder Mathias Bublath, von dem auch Titel erklangen neben Kompositionen und Arrangements von Grosch und einigen Raritäten, ist bekanntlich kein zaghafter Tastenvirtuose. Und das galt nicht nur für die Gangart, sondern auch für die harmonisch gewagten Auslegungen des Münchner Musikers. Avantgarde bis hin zu Neuer Musik findet immer wieder Platz in seiner spannungsgeladenen Rhetorik. So auch in seinem "Nice Green Bo", das mit kernigen Soli den vier Musikern die Gelegenheit gab, die kraftvolle Spielvariante großzügig auszubreiten. In der Latin-Variante sollte diese substanzvolle Spielart vor allem in "On green Dophin Street" Gelegenheit geben, ins Rockige zu schwenken. Doch mit einer gewissen Leichtigkeit, wie die gewichtigeren Blues-Nummern "Pilgrimage" von Dr. Lonnie Smith oder "Blues vor Charlie" von Bob Reynolds, offenbarten.

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