Konzert in Krailling:Bis die Gitarre qualmt
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Die Spider Murphy Gang stellt beim Kult-Art vor 1200 Besuchern unter Beweis, dass die Band noch nicht zu alt ist, ihr Publikum zu rocken und Begeisterungsstürme zu entfachen
Von Kilian pinl, Krailling
Können, Verzeihung, auch alte Männer noch Spaß am Rock 'n' Roll verbreiten? Nimmt man es ihnen ab, wenn sie singen "I ziag's net aus, meine Rock 'n' Roll-Schua"? Das war nach "Überdosis Rock 'n Roll" der zweite Song, den die Spider-Murphy-Gang auf dem Kraillinger Kult-Art-Festival spielten. Nach dem Konzert war klar: Ja, man nimmt es ihnen ab! Ganz so wild wie in den Achtzigern sind sie zwar am Sonntag nicht mehr auf der Bühne herumgehüpft. "Aber mit wie viel Spaß, Leidenschaft und Emotion die gerockt haben", hat etwa den 45-jährigen Thomas Donnert aus Dachau schwer beeindruckt.
Er ist - wie das Gros der 1200 Fans im Konzertzelt - mit den Liedern der Gang aufgewachsen und verbindet damit viele Erinnerungen. Sie wurden wach, sobald Günther Sigl und die Mitmusiker die ersten Akkorde ihrer Klassiker anstimmten. Während die meisten Fans dann bei "Schickeria", oder "Sommer in der Stadt" jubelnd aufsprangen um ausgelassen zu tanzen, konnte man auch andere ausmachen, die - mit geschlossenen Augen, einem zufriedenen Grinsen und gemütlich schunkelnd - Momente aus ihrer Jugend Revue passieren ließen.
Weniger textsicher als die Mittvierziger, aber nicht minder begeistert waren die Jugendlichen, die mit zunehmender Stunde immer inbrünstiger mitklatschten, -sangen und tanzten. Und die Spider-Murphy-Gang bot ihnen dazu auch reichlich Anlass, denn sie spielte, bis die Gitarre qualmte - und das nicht nur im wörtlichen Sinne: Gerhard Gmell alias Barny Murphy zündete sich immer mal wieder eine Zigarette an, die er nach zwei kräftigen Zügen an den Gitarrenhals klemmte, bevor er die Menge mit einem Solo verwöhnte. Dort dampfte sie vor sich hin, bis er wieder eine Hand zum Qualmen frei hatte und Rauchringe in den Kraillinger Nachthimmel blies.
Aber nicht nur Murphy begeisterte mit leidenschaftlichen Soli, auch der Schlagzeuger Andreas Keller - den man geholt habe, um jüngere Groupies anzulocken, wie Sigl scherzte - trommelte vor der Pause fünf Minuten lang alleine, während seine Bandkollegen hinter die Bühne verschwanden. Wie in Trance ließ er dabei die Schlägel über seine Bleche und Felle fliegen, bevor er die Sticks wegwarf, um mit blanken Händen und weit aufgerissenen Augen weiter zu werken. Das Publikum dankte ihm für seinen entfesselten Auftritt mit ohrenbetäubendem Applaus.
Im Laufe des Abends drängte sich dann allmählich immer mehr die Frage auf, ob die "Skandal-Rosi" der letzte Titel des regulären Programms oder erste Zugabe sein wird. Der größte Hit der Gang bildete nach 90 Minuten den Abschluss des Konzerts und entfesselte erwartungsgemäß einen Begeisterungssturm - der noch übertroffen wurde, als Sigl ankündigte, ab sofort jedes Jahr in Krailling spielen zu wollen. Da allerdings das Kult-Art 2020 aus finanziellen Gründen eine Zwangspause einlegt, müssen sich die Fans noch gedulden, bis die bayerischen Rocklegenden wieder ihre Rock'n'Roll-Schua in Krailling schnüren.