Konzert:Fromme Töne

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Der Ars Musica Chor gestaltete in der Pöckinger St.-Pius-Kirche einen feierlichen Gottesdienst. (Foto: Georgine Treybal)

Der Chorgemeinschaft Pöcking wagt sich an Messe von Dvořák

Von Reinhard Palmer, Pöcking

Dieses Werk - Antonín Dvořáks Messe in D op. 86 - liegt in mehreren Versionen vor. Dvořák selbst hat möglicherweise drei erstellt, wobei eine - mit zwei Harmoniums, Violoncello und zwei Kontrabässen - offenbar verschollen ist. Norbert Groh am Pult der Kooperationschöre Chorgemeinschaft Pöcking und "ars musica"-Chor Ottobrunn in der Pius-Kirche in Pöcking wählte die Orgelfassung, verzichtete aber auf die Solisten. Das war insofern legitim, da es sich hier nicht um eine konzertante Aufführung handelte, sondern um den Einsatz als Gebrauchsmusik im Gottesdienst, also im ursprünglichen Sinne der Messkompositionen, die je nach Ausstattung, Möglichkeiten und Gebrauchsart zu diesem Zweck gekürzt, angepasst oder umarrangiert werde können. Dvořáks Messe in D op. 86 war für die Einweihung der nachträglich gebauten Schlosskapelle auf Renaissanceschloss Lužany in Tschechien entstanden und daher an keine Festivität im Kirchenjahr gebunden. Zudem verlangte der kleine Rahmen auch eine kleine und flexible Besetzung. Von vorne herein klein gedacht, dabei dennoch von großer Wirkung, ist es eine ideale Komposition für die Umrahmung eines feierlichen Gottesdienstes. Der Ottobrunner St.-Michael-Kantor Christoph Demmler an der Orgel, der hier weit mehr Einfühlsamkeit im Registrieren als Virtuosentum zu demonstrieren hatte, schaffte es mühelos, sein Spiel nahtlos im Gesamtklangbild aufgehen zu lassen.

"Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab", so das Evangelium der Vorabendmesse zum Pfingstsonntag. Ein Auftrag an die Apostel, die Fremden zu einen, und den Glauben in die Welt zu tragen. Die Ausgießung des Heiligen Geistes ist die Geburtsstunde der kirchlichen Gemeinschaft, über die Sprachgrenzen hinweg. Daran zu erinnern, ist heute wichtiger denn je. Erst recht mit Dvořáks Messe in D op. 86, schrieb der Komponist doch nach Vollendung des Werkes an seinen Auftraggeber, den Architekten und Mäzen Josef Hlávka: "Es könnte heißen: Glaube, Hoffnung und Liebe zu Gott dem Allmächtigen und Dank für die große Gabe, die mir gestattete, dieses Werk zum Preis des Allerhöchsten und zur Ehre unserer Kunst glücklich zu beenden". Ein Satz, der nicht nur die Charakteristik der Messe, sondern auch die Frömmigkeit des Komponisten deutlich macht.

Vor dem Hintergrund dieses Bekenntnisses ist die Messe denn auch zu betrachten, ging es dem Komponisten dementsprechend um die musikalische Auslegung des Wortes sowohl auf der geistigen wie emotionalen Ebene. Formal gesehen folgte Dvořák dem liturgischen Messkanon. Doch Groh verstand es auch, die persönliche Einstellung Dvořáks zur Religiosität aufzuspüren und herauszuarbeiten. Vor allem dann, wenn es um die Balance im Schönklang und um die Farbigkeit ging. Immer wieder wird von Musikwissenschaftlern die Volkstümlichkeit des Werkes als Hauptcharakteristikum genannt. Groh ließ sich davon nicht beirren und folgte primär den feinsinnigen, dennoch entschiedenen Entwicklungen und der Farbigkeit in der Harmonik, was im Resultat den Chorsatz bisweilen doch auch wunderbar folkloristisch aufblühen ließ.

Als eine Preziose behandelt, entwickelte die Messe reichlich Reize, zumal Dvořák behutsam an die Materie herangetreten war. Schon wie sich der Anfang vom Kyrie sanft rhythmisiert wiegte, mit zarten Tönen begann und allmählich plastisch durchmodelliert wurde, sprach schon ungemein an und berührte auch emotional. Erst recht später das Agnus Dei, das im Chor statt solistisch gesungen enorm viel Atmosphäre zu entwickeln vermochte. Diese Messe hat aber auch große, strahlende Momente, die hier von der Ottobrunn-Pöckinger Chorgemeinschaft sicher zum Leuchten gebracht wurden. In Kammerchorgröße hatte Groh keine Mühe, das Gloria zunächst hymnisch und entschieden zu rhythmisieren, dann aber nach der Wendung ins Schönklangliche zurückzunehmen. Es gelang Groh aber auch, ganz besondere Effekte einzuflechten, etwa aklamatorische Verschärfungen, eine kammermusikalische a-cappella-Passage im Gloria nach einer Generalpause oder ein feines, zart koloriertes Rieseln zum Finale des Agnus Dei. Es gefiel und bereicherte diese Stunde der Frömmigkeit.

© SZ vom 11.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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