Konzert:Drei Generationen auf dem Podium

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Beim Generationenkonzert in Wörthsee treten (von links) Maya Wichert, Yumiko Urame und Sonja Korkeala gemeinsam auf. (Foto: Georgine Treybal)

Beim Kammerkonzert in Wörthsee treten Lehrerinnen und Schülerinnen gemeinsam auf und zeigen, dass das funktioniert

Von Reinhard Palmer, Wörthsee

Generationenkonzerte haben einen besonderen Reiz, denn am Instrument ist die Beziehung zwischen Schülern und Lehrern besonders eng und persönlich. Spannend zu erleben, was dabei herauskommt. Bei den drei Geigerinnen und der Pianistin beim Saisonstart der Kammerkonzerte Wörthsee umso mehr, fand doch die pädagogische Zusammenarbeit auf engstem Raum statt. Die renommierte Geigenpädagogin der Münchner Musikhochschule, Ana Chumachenco, hatte einst ihre Schülerin, die Finnin Sonja Korkeala, zu ihrer Assistentin auserkoren, um mit ihr am Geigernachwuchs zu arbeiten. Korkeala betreute vor allem die Jungstudenten, bevor sie in die engere Obhut von Chumachenco kamen. Längst ist auch Korkeala Professorin und arbeitet wie zuvor mit der Pianistin und Professorenkollegin Yumiko Urabe als Kammermusikpartnerin und Korrepetitorin zusammen. Die dreizehnjährige Maya Wichert aus Korkealas Klasse vertrat hier in der fast ausverkauften Aula der Schule die dritte Generation und hielt der Extraklasse ihrer Kammermusikpartnerinnen durchaus stand.

Mit erstaunlicher Sicherheit und Selbstbeherrschung lieferte sie souverän ihren Part. Mit der "Carmen-Fantasie brillante" des Ungarn Jenö Hubay bekam die Jungvirtuosin auch eine Komposition an die Hand, in der sie mit Bravour und Virtuosität glänzen konnte. Platz für schmissige und temperamentvoll-leidenschaftliche Spielweise eroberte sich Wichert mit Einfühlungsvermögen und wohldurchdachtem Spannungsaufbau. Als Duopartnerin von Chumachenco bewies sie zudem kammermusikalische Reife, ließ sich in der Sonate C-Dur op. 3/3 von Jean-Marie Leclair mit offenen Ohren und ausgeprägtem Sinn für die besondere Atmosphäre des Werkes auf den eng verwobenen Dialog gewandt ein. Ein stimmiges Duo, das mit Frische an die schnellen Rahmensätze heranging, in der Adagio-Einleitung eine nahezu sakrale Feierlichkeit ausbreitete, im langsamen Satz indes empfindsam reflektierte.

Bei den älteren Kolleginnen waren die Ausdrucksvarianten natürlich längst in Fleisch und Blut übergegangen. Kein Wunder also, dass hier alles in selbstverständlicher Schlüssigkeit wuchs und gedieh. Chumachenco ließ sich selbst beim Licht-Komplettausfall nicht beirren, spielte auch gleich das Andante der g-Moll-Sonate op. 137/3 von Schubert wunderbar sinnierend im Dunkeln. Sonja Korkeala hatte dagegen ein weit dünneres Nervenkostüm. Die Primaria des Rodin-Quartetts ist sonst eine besonnene und beherrschte Musikerin. Schon in den vergnügten Fünf Stücken von Schostakowitsch im Duo mit ihrer Schülerin kämpfte sie offenbar mit allzu feuchten Händen, konnte schließlich mit Sibelius (Nocturne op. 51/3, Berceuse op. 79/1, Mazurka op. 81/1) ihre Emotionen nicht mehr im Zaum halten, zumal die wacklige Beleuchtungsausstattung ihre strapazierten Nerven überforderte. Den weggekickten Notenständer sammelte dann Urabe ein und beruhigte ihre Kollegin, die ihren Auftritt schließlich mit gewohnt betörender Tonschönheit und überaus feinziselierter Differenzierung zu Ende brachte.

Während Chumachenco eher die Schlichtheit und Leichtigkeit vertritt und direkt zum Kern vordringt, ist Korkeala ausladender im Changieren der Empfindungen und spieltechnischen Ausprägungen. Die Sonate op. 15 von Darius Milhaud brachten die großartigen Geigerinnen mit Urabe dennoch mühelos auf einen gemeinsamen Nenner, zumal die impressionistische Luftigkeit des Werkes die Farbigkeit fokussierte. Der Minimalismus, mit dem die drei Musikerinnen die feinsten Farbschattierungen kreierten, kam dem Werk zweifelsohne zugute. Das zart blühende Ranken des Modéré betörte und verzauberte, während das Temperament im Finale einen wirkungsvollen Konzertschluss inszenierte.

© SZ vom 16.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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