Konzert:Das Christkind swingt

Konzert: Festlich: Veronika Zunhammer und ihre Mitstreiter im Sudhaus des Schlosses Seefeld.

Festlich: Veronika Zunhammer und ihre Mitstreiter im Sudhaus des Schlosses Seefeld.

(Foto: Arlet Ulfers)

Sängerin Veronika Zunhammer und ihr Quartett spielen in Schloss Seefeld ihr Weihnachtsprogramm mit umgemodelten Klassikern und erfrischenden eigenen Nummern

Von Reinhard Palmer, Seefeld

Dieses Repertoire ist zwar immer nur kurz gefragt, aber alle Jahre wieder. Eine CD mit dem Titel "Weihnachtssterne am Jazzhimmel" ist denn auch so etwas wie eine Investition fürs Leben, zumal Sängerin Veronika Zunhammer mit ihrem Quartett viele Evergreens des Genres dafür auswählte - und sie auch ins Sudhaus des Seefelder Schlosses mitbrachte.

Diese Musik ist nicht leicht in den Jazz zu transferieren, zumindest was die traditionellen Weihnachtslieder betrifft, die ja mit ihrer schlichten Harmonik, süßlichen Melodik und zurückhaltenden Rhythmik nur wenige Anknüpfungspunkte für Jazzvarianten bieten. Doch Zunhammer, Christian Elsässer am Flügel, Henning Sieverts am Kontrabass sowie der kurzfristig eingesprungene Schlagzeuger Julian Fau - allesamt preisgekrönte Musiker - fanden einen erstaunlichen Weg, selbst den stimmungsvollen lyrischen Weihnachtsliedern ihre Melodien zu erhalten und dennoch packende Jazznummern aus diesen Klassikern zu machen.

Der Schlüssel dafür waren in erster Linie metrische Veränderungen, die jeweils eine dichte instrumentale Unterlage ermöglichten, über die Zunhammer ihren feierlichen Gesang spannen konnte. So etwa "Leise rieselt der Schnee" mit einem ordentlichen Drive im Unterbau, oder die "Gute-Laune-Nummer", wie Zunhammer "Süßer die Glocken nie klingen" nannte, die sich ins Euphorische steigerte, zumal Fau mit rhythmischen Brechungen und mächtigem Trommeleinsatz keine Seichtheit zuließ. Schwungvolle oder swingend rhythmisierte Lieder wie "Fröhliche Weihnacht überall" oder das poetische "Maria sitzt am Rosenhag" ("Mariä Wiegenlied" von Max Reger) machten mit ihrem bewegten Impetus die Aufgabe leichter.

Aber das Quartett wagte sich auch an das hymnische "Tochter Zion" mit einer verdichteten Unterlage in einem die Pointierung verlagernden Fünfvierteltakt. Nicht alles musste hier allerdings unbedingt energisch grundiert sein oder vorantreiben. Insbesondere die zwei Balladen in reduzierter Besetzung berührten schon sehr. So das verhalten hymnische "Es wird scho glei dumpa" in ergreifender Schlichtheit über einer einfühlsamen Klavierbegleitung. Oder das Kärntner "Werst mei Liacht ume sein", in dem sich die Vokalistin lediglich vom Kontrabass begleiten ließ. Eine seltene Kombination, die Zunhammer offenbar für sich entdeckt hat. Es war denn auch selten Elsässer, der mit ihr in der Melodik dialogisierte, sondern vielmehr Sieverts, der seinen Kontrabass als Echo singen ließ. Was den Interpretation wohlige Fülle und klangliche Wärme gab.

In einem so vorherrschend traditionellen Rahmen platzierte das Veronika Zunhammer Quartett aber auch erfrischende Nummern aus eigener Feder oder auch wenig bekannte Anleihen. Eigene Erinnerungen verarbeitete Zunhammer in "Kinderaugen", wobei in den sentimentalen Zeilen auch sachte ihr Chiemgauer Dialekt mitschwang. Heiterer und beschwingter geriet ihr "Tanzlied für den Schnee", in dem ihr gewandter Scat-Gesang zum Zuge kam. Daneben gab es Gedichtvertonungen: "Weihnachten" von Eichendorff etwa in erzählerischer Melancholie.

In der Rilke-Vertonung "Advent" entschied sich das Quartett für eine klangexperimentelle Entwicklung, die fesselnde Farbigkeit hervorbrachte. Mehr davon hätte nicht geschadet. Auch die herzhafteren Stücke, die nicht alle auf der CD zu finden sind, taten dem Programm gut. "Fly to a peaceful Song" war so ein intensiver Tupfen, wenn auch nicht ohne fließende Erzählung im Gesang. Elsässers "Just the Stars" kam indes wuchtig daher und bot vor allem den Instrumentalisten viel Raum, sich auch einmal virtuos gehen zu lassen. Und mit "O Freude über Freude" stand auch ein kernig groovender Blues auf dem Programm.

Trotz der weihnachtlichen Atmosphäre fehlte es an diesem Abend also nicht an Temperament und herzhaften Momenten, vor allem in den Soli, die meist den mitreißenden Zugriff suchten und zweifelsohne fanden, gemessen an der Begeisterung des Publikums. In der Zugabe gab es ein perkussives "Stille Nacht", nahtlos übergehend in ein bluesig swingendes "Have yourself a merry little Christmas" mit packender Scat-Improvisation zum fulminant-festlichen Ausklang.

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