Konzert:Barocker Schönklang, dem Himmel nah

Helene von Rechenberg entlockt der neuen Orgel auf der Ilkahöhe beschwingte Leichtigkeit

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Die Ilkahöhe bei Oberzeismering ist schon ein besonderer Ort: Man fühlt sich dort dem Himmel viel näher. Derartige Höhen waren seit Menschengedenken immer auch heilige Orte - einst heidnisch, später oft auf den gleichen Grundmauern christlich besetzt. Da verwundert es eher, dass auf der Ilkahöhe keine mächtige Abtei thront, sondern neben den Resten eines Gutshofs und einem Gasthof nur ein frommes Kirchlein mit Friedhof vor sich hin träumt. Erhaltenswert ist es auf alle Fälle, denkmalgeschützt ohnehin.

Seit genau einem Jahr findet sich dort auch die neue einmanualige, rein mechanische Orgel aus der Vöhringer Werkstatt von Stefan Heiß, die nun anstelle der historischen Orgel von 1720 für Benefizkonzerte zur Verfügung steht, um die Erhaltung der Kirche zu sichern: klein aber fein, was den Klang betrifft. Mit offenbar nur vier Registern gibt sie dank eines Tricks eine Menge her: Man kann Unterstimmenbereich und Oberstimme unterschiedlich registrieren, Begleitung und Melodie also jeweils eine andere Klangfarbe geben. Gewöhnungsbedürftig findet Kirchenmusikerin Helene von Rechenberg nur das angehängte Pedal, das ans Manual gekoppelt keine eigenen Register zur Verfügung hat. Drückt man ein Pedal, wandert automatisch auch die entsprechende Manualtaste nach unten, wodurch man sich als Organist immer wieder selbst in die Quere kommt. Aus raumklimatischen Gründen müsse die Klaviatur recht stramm eingestellt sein, von Rechenberg bedauert die Schwergängigkeit der Tasten.

Frisch herausgeputzt wurde St. Nikolaus; St. Nikolaus auf der Ilkahöhe

Frisch herausgeputzt präsentiert sich die Tutzinger Filialkirche St. Nikolaus auf der Ilkahöhe.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Mit diesen Widrigkeiten haben Organisten bei historischen Instrumenten oft zu kämpfen - mit Spieltechnik und körperlicher Anstrengung wird jedoch erreicht, dass dem Publikum nichts davon auffällt. Jedenfalls stellte das Konzert dem Instrument ein gutes Zeugnis aus. Insbesondere im Allegro-Satz aus der g-Moll-Sonate von Carl Philipp Emanuel Bach tänzelte das sprunghafte Thema mit galanter Leichtigkeit, sodass ein ausgesprochen beschwingter Eindruck entstand. Das rhetorisch dichte Praeludium C-Dur BWV 545 von Johann Sebastian Bach kam ein wenig im Schongang daher - was aber eine feierlichere Grundstimmung mit sich brachte, die dann mit der dazugehörigen Fuga in getragener Breite und absoluter Klarheit der Stimmführungen einen würdigen Konzertabschluss bot.

Zur Verstärkung lud von Rechenberg Marion Landgraf (Oboe) und Bianca Schröder (Fagott) ein, um vor allem barocke Literatur zum Klingen zu bringen. Gerade dafür ist es eine besonders stimmige Besetzung und in diesem Rahmen klanglich geradezu ideal. Beiden Instrumenten schenkte die Epoche auch wunderbare Werke, die hier durch Auswahl einzelner Sätze nicht nur dem kleinen Rahmen gerecht wurden, sondern auch auf die feinen Nuancen abgestimmt schienen. Die Oboe brillierte mit ihrer entrückt schwebenden Schönmelodik, wie etwa im Adagio der Sonate B-Dur von Johann Philipp Kirnberger in der das Fagott schönfarbig die Bassstimme über einer pochenden Continuo-Begleitung verstärkte. Aber die Oboe kann auch anders: Das dazugehörige Menuetto zeigte sich grazil und zudem geeignet, das Material für eine reich differenzierte Reihe von Charaktervariationen an die Hand zu geben. Dass aber das Publikum die Oboe wohl am liebsten melodisch singen hört, bestätigte der spontane Zwischenapplaus für Landgrafs weitatmig sinnierende Interpretation von "Gabriels Oboe" aus dem von Altmeister Ennio Morricone vertonten Film "The Mission" von 1986.

Benefizkonzert auf der Ilkahöhe

Mit einem Benefizkonzert wollen Helene von Rechenberg, Bianca Schröder und Marion Landgraf (v.l.) zu den Sanierungskosten beitragen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Noch näher an der menschlichen Stimme liegt klanglich das Fagott. Es ist auch nicht minder mit Spielvarianten gesegnet, mit denen Schröder das Spiritoso aus der Sonate Nr. 3 des Niedersachsen John Ernest Galliard einfühlsam ausformte. Elegant-graziöse Register zog die Fagottistin bei Telemann, von dem zwei Andante-Sätze der a-Moll-Sonate erklangen. "Prayer of St. Gregory" vom US-Amerikaner Alan Hovhannes gab wiederum Anlass für ein kantables Sinnieren von leicht keltischer Anmutung. Es war also insgesamt ein sehr abwechslungsreiches Programm, das viele zauberhafte Momente bot und vom Publikum auch reich mit Applaus bedacht wurde.

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