Kontraste in Berg:Vom Ghetto zum Refugium

Die SPD-Landtagskandidatin Christiane Kern macht Wahlkampf per Fahrrad. Sie beginnt ihre Tour durch den Landkreis in der Gemeinde Berg. Zum Thema "Wohnen" findet sie positive wie negative Beispiele

Von Peter Haacke, Starnberg

Der Wahlkampf der SPD nimmt auch im Landkreis Starnberg langsam Fahrt auf - und das ist in diesem Fall durchaus wörtlich zu nehmen: Christiane Kern, Direktkandidatin der Sozialdemokraten für den Bayerischen Landtag, hat am Sonntag ihre Tournee durch das Fünfseenland mit einer Radltour durch die Gemeinde Berg begonnen. Begleitet von einem Dutzend SPD-Mitgliedern des Ortsvereins verschaffte sich die 45-jährige Polizistin einen Überblick darüber, wie unterschiedlich "Wohnen" in einer der attraktivsten Gemeinden des Landkreises ist.

Die Hauptkommissarin aus München nimmt ihren Wahlkampf ernst. Nahezu alle Landkreisgemeinden will sie besuchen, ihre Themen sind "Sicher leben" und "Wohnen". "Mein Ziel ist es, unsere Heimat ein Stückchen gerechter zu machen", sagt Kern. Gleichwohl weiß sie, dass sie gegen ihre schärfste Konkurrentin Ute Eiling-Hütig (CSU) wohl kaum eine Chance hat.

Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware im Landkreis Starnberg. Die Preise für bebaubare Grundstücke und Immobilien steigen seit Jahren unaufhaltsam, was sich auch auf den Mietmarkt auswirkt. Die Gemeinden versuchen angesichts dieser verhängnisvollen Entwicklung mit Bauprojekten unterschiedlichen Zuschnitts dagegen zu halten. Doch kurzfristig wird sich auf dem Markt kaum Entspannung ergeben.

Beispiel Berg: Die Anzahl an Sozialwohnungen ist eher bescheiden. Knapp 110 Wohneinheiten sind im Bestand, doch "die Warteliste ist lang", weiß SPD-Ortsvorsitzender Bernhard von Rosenbladt. Er hat für Kern, die einem E-Bike den Vorzug gab vor ihrem roten Stadtradl, eine Tour der Kontraste vorbereitet. Die Spanne reicht von prachtvollen Villen über das Einheimischenmodell in der Ortsmitte bis hin zum Containerdorf für Asylbewerber. Erste Station ist die Osterfelder Straße in Aufhausen. Dort sollen auf freier Wiese im Landschaftsschutzgebiet drei Gebäude entstehen. Frühestens 2020 ist Baubeginn für die 30 Wohnungen, sagt Gemeinderat Werner Streitberger - wenn alles gut geht.

Weiter geht's zum Kreuzweg, am Sonnenhof ist aktuell der Hotspot an Bautätigkeiten: Villen überwiegend aus den 60- und 70-er Jahren prägen das Bild, doch nun haben Bauträger letzte Lücken entdeckt. Binnen weniger Jahre schossen die Preise bis auf 1500 Euro pro Quadratmeter in die Höhe. Die Folgen: Das Baurecht wurde allen Protesten der Nachbarn zum Trotz bis auf den letzten Zentimeter ausgereizt. Die Einzel- und Doppelhäuser werden dem Hochpreissegment zugerechnet. Im Kontrast dazu die Container-Unterkünfte am Ortsrand. 16 Wohnungen mit jeweils 50 Quadratmetern für bis zu sechs Personen. 84 Menschen leben dort, darunter 35 Kinder. "Das Berger Ghetto", sagt Iradj Teymurian, Leiter des Berger Helferkreises für Asyl und Integration. Dennoch ist er ein bisschen stolz darauf, dass hier eine menschenwürdige Unterkunft entstand. Nur selten gelingt es anerkannten Asylanten dagegen, eine Wohnung auf dem freien Markt zu bekommen - wie am Unterberg. Allerdings nur auf Zeit: Die Häuser sollen abgerissen werden. In der Ortsmitte hat die Gemeinde ein Einheimischenmodell realisiert. Das Ergebnis überzeugt nur teilweise, denn die ursprünglich angepeilte Zielgruppe wurde nicht erreicht. Als Positivbeispiel dagegen gilt das Wohnzentrum Etztal, ein Refugium für Senioren. Zum Abschluss geht's zur ehemaligen Schön-Klinik in Kempfenhausen. Die Gebäude sollen weitgehend abgerissen werden, geplant ist der Bau opulenter Villen.

Für Kern hat sich der Ausflug gelohnt. Ihre Erkenntnis: "Berg ist ein sehr teures Pflaster." Die SPD-Landtagskandidatin will ihre Wahlkampftour im September fortsetzen, Stationen sind unter anderem Gauting, Gilching, Wörthsee und Andechs.

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