Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl:Mit leisen Tönen nach oben

Johanna Senft will Seefelder Bürgermeisterin werden

Von Christine Setzwein, Seefeld

Während andere Seefelder Gemeinderäte in Sitzungen auch schon mal poltern, bleibt Johanna Senft ruhig und gelassen. Das Laute, Fordernde ist nicht ihre Art. War es wohl nie, sonst hätte die Deutsch-Rumänin bestimmt nicht Statistik studiert. Eigentlich wollte sie ja Mathematikerin werden. Aber die Fließgeschwindigkeit in Rattennieren berechnen? Nein, das wollte sie nicht. Heute arbeitet die 55-Jährige am Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum in Oberpfaffenhofen in der Erdbeobachtung. Daten sind ihr Ding.

Und die Kommunalpolitik. 2020 will Johanna Senft Bürgermeisterin von Seefeld werden. Beim ersten Versuch vor fünf Jahren hat es noch nicht geklappt. 2014 kandidierte Amtsinhaber Wolfram Gum zum fünften Mal und gewann die Wahl trotz dreier Gegenkandidaten mit fast 60 Prozent. Nun sind die Vorzeichen anders. Gum hört auf, die Karten werden neu gemischt, und Senft verspricht sich mit ihrer langjährigen Erfahrung als Gemeinderätin und Vorsitzende des Bürgervereins Seefeld (BVS) gute Chancen.

Senft wird in Bukarest geboren. Mit 16 kommt sie mit ihren Eltern nach Landshut, wo schon ihre Großeltern leben. "Auch wir waren Flüchtlinge", sagt sie. "Ich weiß, wie es ist, wenn man ankommt als Fremder." Auch so ist ihr großes Engagement in der Flüchtlingshilfe zu verstehen. Zum Studieren geht sie nach München, gründet eine Familie, mit der sie zunächst nach Germering zieht und schließlich, vor 20 Jahren, nach Hechendorf. Auch hier ist sie zunächst eine Fremde.

Ihr Einsatz für einen Gehweg an der Inninger Straße gefällt dem damaligen BVS-Vorsitzenden Alfed Noller. Er überredet sie, 2008 für den Bürgerverein als Gemeinderätin zu kandidieren. Ein Jahr später ist sie als Nachrückerin drin. In eine Partei einzutreten, kam ihr nie in den Sinn. "Da bin ich zu sehr Freigeist", sagt sie. Der BVS ist kein Verein, hat keine Satzung und keine zahlenden Mitglieder, jeder kann mitmachen. Seit Senft Vorsitzende ist, hat sich auch das Auftreten des BVS geändert. Es ist nicht mehr so fordernd und so massiv. "Das ist nicht meine Art", meint die Wissenschaftlerin. "Ich will mit allen gut sein und zu einer Lösung kommen." Sie mag schwierige Themen, wie den barrierefreien Ausbau des S-Bahnhofs Hechendorf. "Da bleibe ich dran", sagt Senft.

Die Schaffung von günstigem Wohnraum, das Spannungsfeld zwischen Naturschutz, Gewerbe und den Interessen der Menschen sind Themen, die Seefeld in den nächsten Jahren stemmen muss. Johanna Senft traut sich das zu. "Vorne stehen macht mir Spaß."

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Quelle:
SZ vom 27.09.2019
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