Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl:Drei Kandidaten - zwei Standpunkte

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Mehr als 300 Gautinger kommen zur Diskussion mit Bürgermeister-Anwärtern ins Bosco. Das geplante Gewerbegebiet im Unterbrunner Holz ist das am meisten umstrittene Thema. Brigitte Kössinger und Jürgen Sklarek verteidigen die Pläne, Hans Wilhelm Knape äußert sich kritisch

Von Michael Berzl, Gauting

Als es um das geplante Gewerbegebiet an der Grenze zu Gilching geht, kommt doch noch Stimmung auf im großen Saal des Bosco. Bei dem Thema sind die größten Meinungsverschiedenheiten auszumachen bei den drei Bürgermeisterkandidaten Brigitte Kössinger (CSU), Jürgen Sklarek (Mifü) und Hans Wilhelm Knape, der als Parteifreier für die Grünen antritt und von der SPD unterstützt wird. "Schön, dass es jetzt lebhafter wird", stellt Andreas Albath fest, der Vorsitzende des Vereins "Zukunft Gauting", der die Podiumsdiskussion organisiert hat. Trotz schönsten Sonntagswetters sind mehr als 300 Besucher gekommen. Kein Sitzplatz bleibt mehr frei, manche stehen an der Seite, sogar in der Bar vor dem Saal versucht ein gutes Dutzend, der Debatte zu folgen. Als es nach einer Stunde um die Pläne für das Unterbrunner Holz geht, wird je nach Standpunkt kräftig applaudiert oder gegrummelt. Und Albath lässt sich verleiten, die ihm als Moderator gebotene Zurückhaltung ein wenig aufzugeben.

Bürgermeisterin Kössinger und ihr Stellvertreter Sklarek verteidigen einmal mehr die Politik des Rathauses mit Hinweis auf die finanzielle Situation der Gemeinde und erklären, dass zusätzliche Einnahmen aus der Gewerbesteuer dringend benötigt würden. "Wenn wir weiter Kultur und Sport fördern wollen, dann brauchen wir die Einnahmen", erklärt Kössinger. Und Sklarek sagt, es gebe keine Alternativen, um an Geld zu kommen und scherzt: "Banken können wir ja nicht überfallen." Grünen-Kandidat Knape ist der einzige in der Runde, der einen anderen Standpunkt vertritt und meint: "Wir sollten die vorhandenen Flächen, die wir im Ort haben, sinnvoll und intelligent nutzen." Er setzt auf Interkommunalität, also auf die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden, und gibt zu bedenken, dass erst in vielen Jahren Gewerbesteuereinnahmen von neu angesiedelten Firmen zu erwarten seien. "Politik, die nicht in die Zukunft schaut, ist keine gute Politik", entgegnet da Kössinger. Und Moderator Albath, der selbst für die UBG als Gemeinderat kandidiert, sagt mit Verweis auf die bei dem Gewerbegebiet geplante Geothermie-Anlage, die beitragen könne, eine Menge Kohlendioxid-Ausstoß zu vermeiden: "Das ist doch etwas, worüber es sich auch aus Sicht eines Grünen lohnt nachzudenken."

Bis dahin und danach war es eine Diskussion ohne größere Kontroversen. Mit drei Teilnehmern auf dem Podium, die zuvorkommend und wenig angriffslustig miteinander umgegangen sind, und einem Publikum, das zwei Stunden lang konzentriert die Debatte verfolgte. Die Moderatoren Albath und Tammo Körner vom "Zukunft Gauting"-Vorstand behandelten dabei die wichtigsten Fragen aus der Gautinger Kommunalpolitik: von der Bevölkerungsentwicklung über die Verkehrsproblematik bis zur Zukunft des Bahnhofs. Der große Andrang zu der Veranstaltung sieben Wochen vor der Kommunalwahl zeigte jedenfalls, wie groß das Interesse der Gautinger daran ist, wer die nächsten Jahre die Geschicke der Gemeinde führt.

Nur etwas unterschiedliche Schwerpunkte setzen die drei Kandidaten zum Beispiel bei der Wohnungspolitik. So wirft Kössinger angesichts der hohen Immobilienpreise im Würmtal die Frage auf, ob das Eigenheim noch die Wohnform der Zukunft sei, oder ob auch über Alternativen nachgedacht werden müsse. "Wir müssen enger bauen", sagt sie. "Es muss uns bewusst sein, dass wir nicht mehr so viele Flächen verbrauchen können." Knape setzt auf genossenschaftliche Modelle und fordert: "Die Gemeinde gibt kein Grundstück mehr auf den Käufermarkt." Sklarek wies darauf hin, dass auch Firmen einen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum leisten könnten. Als Vorbild nannte er die Firma Schmid Alarm, die in Stockdorf gerade Mitarbeiter-Wohnungen schafft. Und er berichtete, dass auf dem Gelände der Asklepios-Klinik, wo er als Oberarzt arbeitet, 120 Mitarbeiter-Wohnungen geschaffen werden sollen. Entsprechende Planungen gebe es bereits, die aber bisher an "ökonomischen Erwägungen" scheiterten, die er aber in der Öffentlichkeit nicht näher erläutern könne. Außerdem glaubt er, dass Einheimischenmodelle eine gute Möglichkeit sein könnten, um Familien an den Ort zu binden.

Lebhaft wird es noch einmal, als es um die Finanzen geht. Nachdem Knape vorgeschlagen hat, alle Ausgaben zu prüfen, und hohe Personalkosten moniert, und Sklarek fordert, sich Gutachten zu sparen, die viel Geld kosten, reagiert Bürgermeisterin Kössinger vehement. Sie verteidigt "gewisse Stellenmehrungen" und verweist darauf, dass etwa durch neue Vergaberichtlinien nach Europarecht mehr Arbeit anfalle.

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Quelle:
SZ vom 13.01.2020
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