Politik im Landkreis Starnberg:"Dieses herzliche Verhältnis hat gelitten"

Söcking: Kommunalwahl , Stichwahl Martina Neubauer

Gleich drei Mal gescheitert: Martina Neubauer von den Grünen.

(Foto: Nila Thiel)

Die Grüne Martina Neubauer ist bei der Wahl der Landrats-Stellvertreter gescheitert. Sie wirft Stefan Frey mangelnden Willen zur Zusammenarbeit vor.

Interview von David Costanzo

Drei Mal ist sie angetreten, drei Mal ist sie durchgefallen: Die Grüne Martina Neubauer hat bei der Wahl der Stellvertreter von Landrat Stefan Frey (CSU) ein Debakel erlebt. Ins Amt gehoben wurden die Vertreter einer Mehrheit aus CSU, Freien Wählern und FDP. Dabei hatte Neubauer im März Frey in die Stichwahl gezwungen und mit 38,4 Prozent ein Rekordergebnis für die Grünen erreicht, die als zweitstärkste Fraktion zur CSU aufschlossen. Doch so wie ihr ergeht es vielen ihrer Parteifreunde: In Starnberg, Gauting, Gilching und Tutzing etwa sind sie im Gemeinderat abserviert worden oder gar nicht erst zur Stellvertreterwahl angetreten. Missachten die anderen Parteien den Wählerwillen, wie die Grünen reklamieren? Oder ist das ganz nüchterne Machtpolitik?

SZ: Frau Neubauer, Sie sind mit Landrat Stefan Frey befreundet, haben an seiner Seite im Starnberger Stadtrat gefochten, gehen mit ihm zusammen joggen - und jetzt das. Haben Sie zu viel erwartet?

Martina Neubauer: Man muss das trennen - die Politik und das, was man privat zusammen tut. Und es ist auch nicht eine Freundschaft, sondern eine politische Verbindung, sonst gäbe es den Tunnel in Starnberg nicht, den haben wir schon gemeinsam eingetütet, weil wir in beiden Fraktion durchaus Überzeugungsarbeit leisten mussten. Das ist unser gemeinsames Meisterstück. Und dafür war auch das gemeinsame Laufen ganz hilfreich. Ich glaube, dass wir unterschiedliche Auffassungen davon haben, wie man Kommunalpolitik gestaltet. Ich würde immer versuchen, alle einzubinden. Während ich den Stefan Frey eher als einen parteipolitisch motivierten Kollegen kenne.

Wie geht es Ihnen persönlich damit?

Ich wusste im Vorfeld, was passiert, trotzdem musste ich ein Angebot machen aufgrund meines starken Wahlergebnisses. Das war jetzt nicht die Enttäuschung. Die Ernüchterung ist viel früher passiert. Dieses herzliche Verhältnis hat gelitten.

Parteipolitik machen Sie aber auch. Sie sperren sich gegen den Bau großer Gewerbegebiete in Starnberg sowie zwischen Gauting und Gilching - die wohl wichtigste Streitfrage im Landkreis. CSU, Freie Wähler und FDP sind dafür. Ist es da nicht selbstverständlich, dass der Landrat Verbündete zu Stellvertretern macht und nicht Gegner?

Na ja. Es geht um viel mehr Themen. Es geht um ein klares Signal an die Menschen im Landkreis Starnberg, dass wir auch in Krisenzeiten zusammenhalten. Es gibt ein sehr deutliches Ergebnis für die Grünen und für mich als Person. Die 38 Prozent der Wähler jetzt hinten runterfallen zu lassen, ist ein schlechtes Signal an die Landkreisbevölkerung. Bei den Gewerbegebieten wird es Mehrheitsentscheidungen geben, egal, mit wem der Landrat kooperiert oder nicht. Leichter täte er sich, wenn er uns mit im Boot gehabt hätte, weil man dann möglicherweise auch zu Kompromissen kommen muss. Diese Chance hat er sich damit vertan. Er kann nicht von Zusammenarbeit reden, um dann die zweitstärkste Fraktion auszuschließen.

Nun geht es nicht nur Ihnen so, sondern Grünen im ganzen Landkreis. Welche Fehler haben Sie gemacht? Sind die Grünen zu forsch aufgetreten?

Das glaube ich nicht. In meiner Wahrnehmung ist es so, dass man Angst hat, dass die Grünen noch stärker werden und tatsächlich dann auch der CSU den Rang ablaufen. Und deswegen versucht man jetzt, sie klein- und rauszuhalten. Die Bürgerinnen und Bürger werden das nicht goutieren. Mit einem klaren Signal bei den nächsten Wahlen, die sind gar nicht so weit in der Zukunft. Ich glaube, es kommt nicht gut an bei den Menschen, dass man nicht zusammenarbeiten will, sondern ausgrenzt.

Die Grünen finden sich nun also in der Opposition wieder. Wie gehen Sie damit um? Gegenwind bei allen Themen?

In der Kommunalpolitik gibt es keine Opposition, das muss ich ganz klar sagen. Deswegen finde ich es ja auch so schwierig, dass es in einigen Gemeinden jetzt dieses Signal gibt. Kommunalpolitik ist das gemeinsame Gestalten. Wir wurden auf das Wohl der Kommune und des Landkreises vereidigt. Insofern ist es das Ringen um gute Lösungen. Da kommen wir möglicherweise mal von unterschiedlichen programmatischen Ansätzen, aber letztlich ist die Kunst der Kommunalpolitik, Kompromisse zu finden.

Ohne Beteiligung an den Spitzenposten können Sie Ihre Themen aus dem Wahlkampf aber auch nicht umsetzen. Zeigt nicht gerade diese Corona-Krise, dass Regierende davon profitieren, wenn sie ihre Tatkraft beweisen können? Müssen Sie da nicht eine schlechtere Ausgangsposition für die nächste Wahl fürchten?

Gar nicht. Tatsächlich ist sie wahrscheinlich sogar günstiger, weil wir natürlich weniger "Rücksichten" nehmen müssen. Und natürlich werde ich mich darum bemühen, auch Mehrheiten für unsere Anträge zu bekommen. Und die Themen sind ja nicht vom Tisch, nur weil wir jetzt gerade in einer Krisensituation sind. Insofern kann man auch auf unsere Expertise und unseren Gestaltungswillen zählen.

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