Kommentar:Zum Handeln gezwungen

In Starnberg setzt der Stadtrat seinen Willen durch. Notfalls auch gegen die Bürgermeisterin

Von Peter Haacke

Es scheint ein grundsätzliches Missverständnis in der Amtsführung der Starnberger Bürgermeisterin zu bestehen: Möglicherweise glaubt Eva John, dass der Stadtrat das machen müsste, was sie möchte. Tatsächlich aber verhält es sich genau andersherum: John ist als Chefin der Stadtverwaltung in der Pflicht, die Beschlüsse des Stadtrates umzusetzen. Doch das tut sie oft genug eben nicht. Lange haben die gewählten Mandatsträger diesem Treiben mit Empörung zugeschaut, unzählige Male wurde die Kommunale Rechtsaufsicht eingeschaltet. Doch genutzt hat alles nichts. John hegt stur weiterhin ihre eigenen Vorstellungen zur Zukunft der Stadt und irritiert damit immer wieder.

Freilich kann man geteilter Meinung darüber sein, ob im politischen Tagesgeschäft ein Schülerkonzert und aufgemalte gelbe Fußstapfen auf Bürgersteigen wichtiger sind als Gespräche über die wichtigsten Einnahmequellen der Stadt im Gewerbegebiet Schorn, über Verkehr, Tunnel und Umfahrung oder über das Thema "Seeanbindung". Dass John die wichtigsten Ziele der Stadt ignoriert, befürchten viele Stadträte schon lange: Zu viele Dinge blieben bislang unerledigt. Mit der offensichtlich verzögerten Beauftragung eines juristischen Gutachtens über Folgen der Nichterfüllung des Bahnvertrags hat sie den Bogen nun aber überspannt. Bereits im Juli 2015 wollte der Stadtrat erstmals wissen: Was passiert dann? Doch erst im April 2017, also 21 Monate später, gab John das Gutachten in Auftrag. Nicht zu Unrecht geißelte Patrick Janik die "Missachtung" des Gremiums und die "klare Verweigerungshaltung der Bürgermeisterin".

Die Zeiten der bloßen Empörung sind jetzt aber vorbei: Der Stadtrat verklagt die Stadt, damit die eigenwillige Bürgermeisterin endlich ihren Job ordnungsgemäß erledigt - eine absolute Ausnahme in Bayern, die das Misstrauen zwischen Stadträten und Bürgermeisterin dokumentiert. John täte gut daran, die Botschaft - unabhängig von einem möglichen Gerichtsverfahren - richtig zu interpretieren: Der Stadtrat schreibt das Drehbuch, und John muss es umsetzen. Nicht aber aussitzen und aushebeln.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: