Kommentar:Vollgas geben!

Anstatt weiterhin in den Ausbau des Busnetzes zu investieren, sollte der Landkreis mehr auf Elektromobilität setzen. Alle Verkehrsprobleme lassen sich aber auch damit nicht lösen

Von Otto Fritscher

Es ist ja ein schönes Ziel, die Zahl der öffentlichen Ladesäulen für Elektroautos im kommenden Jahr im Landkreis Starnberg zu verdoppeln. Aber das wird nicht reichen, um die schlappe Entwicklung in Richtung Elektromobilität wirklich auf Touren zu bringen. Wenn man die Zulassung von gut 60 neuen Elektroautos in den vergangenen zwölf Monaten schon als Erfolg feiern muss, kann es nicht weit her sein mit dem Umstieg auf eine umweltfreundlichere Mobilität. Und wer sich ein bisschen auf den Straßen umschaut, der wird feststellen, dass die hohe Kaufkraft, die hier im Landkreis versammelt ist, lieber dazu genutzt wir, sich ein vermutlich unnützes, aber schickes SUV, sprich einen Geländewagen zu kaufen, als ein deutlich weniger prestigeträchtiges Elektroauto. Es sei denn, es werden 100 000 Euro für einen Tesla hingelegt.

Mehr als 80 000 Fahrzeuge mit STA- Kennzeichen, angetrieben von Diesel- oder Benzinmotoren, sind beim Landratsamt angemeldet. Es wäre deshalb der falsche Weg, nur noch einseitig auf die E-Mobilität zu setzen und die große Masse der Autofahrer links liegen zu lassen. Auch sie brauchen Parkplätze, und wer über die schlaglochgesäten Pisten in manchen Orten holpert, wähnt sich eher auf dem Balkan als in Bayern. Dazu kommt, dass die Offensive, die der Landkreis millionenschwer für den öffentlichen Busverkehr gestartet hat, sich zum Blindgänger entwickelt: Natürlich sind die Busse, die zum Teil ein Ingolstädter oder Augsburger Kennzeichen tragen, werktags im Berufsverkehrs als Zubringer zur S-Bahn gut ausgelastet. Aber wer sich mal nach halb sieben in der Kreisstadt und Umgebung umsieht, wird schnell bemerken, dass die meisten Busse leer oder nur mit zwei, drei Passagieren besetzt durch die Gegend gondeln.

Hier gilt es, die Investitionen auf ein vernünftiges Maß zurückzudrehen, statt weiterhin der Bus-Euphorie zu frönen. Das Gleiche gilt für die Elektroautos. Natürlich ist es sinnvoll, den Umstieg zu fördern, wie es der Bund mit der Kaufprämie und der Befreiung von der Kfz-Steuer tut. Aber offensichtlich mit geringem Erfolg.

Welche Spur führt also in die Zukunft? Das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, wäre ein sinnvoller Ansatz. Konkret heißt das: Öffentlichen Nahverkehr nicht da einzusetzen, wo offensichtlich kein Bedarf ist. Niemand hat den Anspruch, zu jeder Tages- und Nachtzeit mit dem Bus zum letzten Bauernhof im Landkreis fahren zu können. Und mehr Ladesäulen, ja sicher. Doch die Verkehrsprobleme im Landkreis löst das nicht. Zum Beispiel in der Kreisstadt nicht, wo nach jahrzehntelangem Stillstand endlich eine Lösung gefunden werden muss. Und das kann nur der Tunnel sein. Dafür müssen die Lokalpolitiker Vollgas geben, und das Wechselspiel von Bremsen und Beschleunigen muss aufhören.

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