Kommentar:Protest verbindet

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Hunderte kommen zur Gegendemonstration auf den Starnberger Kirchplatz und sie eint mehr als die Ablehnung der AfD-Parolen

Von David Costanzo

Wenn der krude Nationalismus und der billige Populismus der AfD nicht so brandgefährlich wären, könnte man der Partei fast schon dankbar sein für ihre Kundgebung auf dem Starnberger Kirchplatz. Hunderte Menschen kommen zusammen, um die Stimmen zu erheben - und die Lumpen zu schwingen - gegen die ungebetenen Besucher aus der rechten Ecke. Zwei Dinge hat der Protest offenbart. Erstens: Die Gegendemonstranten verbindet nicht nur die Ablehnung der Scharfmacher. Die bunte Truppe kommt aus der Mitte der Gesellschaft, aus unterschiedlichen Parteien, allen Konfessionen und sie eint die Menschlichkeit und der Wille zu Integration. Der Politik des Ressentiments und der Angst setzen sie ein Signal des Aufbruchs und des Muts entgegen. Das war nicht bloß eine Anti-AfD-Demo in Starnberg, sondern auch eine 70-Jahre-Grundgesetz-Party.

Zweitens: Die Hetze fällt im Fünfseenland nicht auf fruchtbaren Boden. Die Rechtspopulisten müssen Redner, Teilnehmer und Gedankengut in den Landkreis importieren und sie bleiben unter sich. Niemand hat sie gerufen, niemand wird sie vermissen. Da erscheint es nur konsequent, wenn die Gegendemonstranten nach dem Abschied Starnbergs gute Stube auskehren. So ein paar Gemeinsamkeiten tun gut in Zeiten, in denen alles immer nur auseinander zu fliegen scheint.

Doch es gibt immer noch viel zu tun. Viel zu oft wird das Spiel der Spalter betrieben - oder unwidersprochen hingenommen. Die Politik verbannt Flüchtlinge in Großunterkünfte und verdammt sie zum Nichtstun. Helferkreise monieren, dass das Landratsamt weiter Arbeitserlaubnisse verwehrt, und starten eine Online-Petition. Ein Bürgermeisterkandidat der CSU wettert gegen die Container in Berg - und trifft damit auch die Bewohner. Im Wahlkampf lockt der Griff in die rechte Mottenkiste, siehe Markus Söders pseudo-christlichen Kreuzerlass. Genau deshalb darf der Protest vom Kirchplatz in Starnberg nicht nur ein Fest der Selbstvergewisserung bleiben.

© SZ vom 24.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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