Kommentar:Nicht immer, und nicht überall

Der Landkreis leistet sich Riesenbusse, die oft leer durch die Landschaft geistern. Gleichzeitig krankt es Radwegen und einem Anschub für Elektromobilität

Von Otto Fritscher

Sie gehören zu den einsamsten Menschen im Landkreis: die Busfahrer, die etwa am Samstagabend um halb acht den neuen Expressbus von Starnberg über Gilching nach Fürstenfeldbruck kutschieren. Null Passagiere, und das bei der Haltestelle im Gewerbegebiet Gilching Süd, bei Aldi und Co. Oder am Sonntagabend gegen halb zehn, der Fahrer, der die Ringlinie in Starnberg bedient, mit einem Riesenbus, in dem er ganz alleine sitzt. Oder am Montagabend, wo einem in Stockdorf regelmäßig der Linienbus in Richtung Planegg begegnet, pünktlich ist er, fast immer an der gleichen Stelle, und leer ist er, fast wie immer. Sicher, das mögen zufällige Beobachtungen sein, doch irgendwie beschleicht einen das Gefühl, dass der Landkreis bei der Ausweitung des Bussystems, das ihn viele Millionen kostet, übers Ziel hinaus geschossen ist.

Um es mal klar zu sagen, auch wenn dies die große Koalition der Nahverkehrsbefürworter nicht gerne hört: Es gibt keinen Anspruch, jederzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu jedem Ort im Landkreis transportiert zu werden. Aber es gibt das Gebot der sparsamen Haushaltsführung. Und Riesenbusse leer durch die Gegend fahren zu lassen, gehört sicher nicht dazu. Um es ebenso klar zu sagen: Natürlich ist ein Busnetz sinnvoll, aber eben nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit, und nicht überall hin, sondern vor allem im Berufsverkehr, für Schüler und Pendler.

Vor lauter Bus-Euphorie sind einige verkehrspolitische Themen auf der Strecke geblieben: der Ausbau des Radwegenetzes - hier geht die Kreisstadt als schlechtes Beispiel voran -, aber auch die Förderung der Elektromobilität. Denn ohne ein geändertes Mobilitätsverhalten ist das hehre Ziel der Klimawende nicht zu erreichen. München macht es vor: Wer für gewerbliche Zwecke ein Elektroauto kauft, bekommt einen Zuschuss von 5000 Euro. Solch einen finanziellen Anschub hätte auch die E-Mobilität im Landkreis dringend nötig. Mal abgesehen davon, dass auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur nur schleppend vorangeht. Und vom gelobten eStart-Projekt ist auch nicht viel zu sehen.

Wie so oft, kommen die Innovationen nicht aus den Behördenstuben, sondern aus der Wirtschaft. Diese gilt es nicht von vornherein als "gspinnert" abzutun, sondern zu unterstützen. Und der Landkreis, allen voran die zuständige Verkehrsmanagerin Susanne Münster, sollte - gedanklich gesprochen - von einem Bus mal wieder auf ein E-Bike steigen.

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