Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Geld, Natur und viele Wünsche

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Die Ausweisung zusätzlicher Gewerbeflächen hat ihren Preis

Von Christiane Bracht

Millionenschwere Einnahmen zaubern nicht nur dem Kämmerer, sondern auch Kraillings Kommunalpolitikern zufriedenes Lächeln in die Gesichter. Kein Wunder, dass sie erfolgreiche Firmen, die ihnen jedes Jahr noch höhere Gewerbesteuern einbringen, im Ort halten wollen und versuchen, ihre Wünsche so gut wie möglich zu erfüllen. Denn nur durch dieses Geld hat Krailling die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Und die Bürger haben viele Wünsche: Die Senioren wollen mehr Betreutes Wohnen und einen Bürgertreff, Familien träumen von Kinderbetreuung, andere hoffen auf eine schönere und lebendige Ortsmitte, Anwohner fordern sanierte Straßen ohne Ausbaubeitragssatzung. Viele Jahre hatte die Gemeinde kaum Handlungsspielraum, weil nur wenig Geld zur Verfügung stand. Jetzt scheint die Gemeindekasse ein Paradies zu sein.

Doch trotz allen finanziellen Segens sollten die Kommunalpolitiker nicht das Maß verlieren. Klar, dass Unternehmen immer mehr fordern. Aber wenn die Gemeinde alle Wünsche erfüllt, wird sie irgendwann ihren Charme verloren haben, so wie viele Gemeinden im Münchner Osten und Südosten, wo Wälder gerodet wurden, um Straßen und Gewerbegebiete zu bauen. Bannwald und Landschaftsschutz mögen für Planer eine lästige Beschränkung ihrer Schaffenskraft sein. Sie sind aber auch eine Chance für die Gemeinde, wertvolle Flächen zu erhalten und die Wünsche der Unternehmer in die Schranken zu weisen.

Klar, man kann nicht alles ablehnen, was Betrieben helfen könnte. Aber eine Machbarkeitsstudie für eine so große Fläche wie das Antennenfeld in Auftrag zu geben, weckt Begehrlichkeiten. Es signalisiert: Wir würden, wenn wir könnten. Die Gefahr, dass irgendwann peu à peu alles bebaut ist, was möglich ist, ist groß. Wer hat den Mut, "Stopp" zu sagen, wenn eine attraktive Firma droht, wegzugehen, falls ihre Wünsche nicht erfüllt werden? Der Gemeinderat hätte sich Gedanken machen müssen, was er zulassen will, bevor er die Machbarkeitsstudie in Auftrag gibt.

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Quelle:
SZ vom 27.10.2016
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