Kommentar:Ein Instrument der Verhinderer

Bürgerentscheide dienen oft dazu, Gruppen-Egoismen durchzusetzen

Von Michael Berzl

Es geht so leicht. Die paar hundert Unterschriften, die nötig sind, um ein Bürgerbegehren auf kommunaler Ebene zu erzwingen, bekommen die Initiatoren in aller Regel auch. Wer kräftig genug aufs Blech haut, schafft diese Hürde. In einer kleinen Gemeinde wie Feldafing reichen schon etwa 360 Unterstützer; wenn die Formalien stimmen, muss abgestimmt werden.

Angeblich über Wohl und Wehe der Gemeinde, über die Entwicklung des ganzen Ortes, über die Zukunft der Kommune. Angeblich. Denn der Auslöser für das ein oder andere Bürgerbegehren in den vergangenen Jahren im Fünfseenland dürften wohl auch ganz banale Gruppen-Egoismen gewesen sein, die ureigensten Interessen einiger weniger, denen es dann aber gelungen ist, eine ausreichend große Anhängerschaft zu mobilisieren. Dabei kommt es stets darauf an, den Eindruck zu vermitteln, es gehe um eine Frage, die für alle von Belang ist.

Als es gegen die Realschule in Gauting ging, stand ja nicht auf dem Stimmzettel, dass Eltern ihren Kindern am Gymnasium gerne den großzügigen Pausenhof erhalten wollten. Bei der Verlegung des Christkindlmarktes in Herrsching ging es offiziell nicht darum, dass damit ein lukratives Geschäft verloren gehen könnte. Und in Feldafing ging es am Sonntag offiziell um viel mehr als den zusätzlichen Verkehr auf der Zufahrt zum künftigen Klinikgelände, der in Wirklichkeit keineswegs die ganze Gemeinde, sondern nur ein paar Haushalte betrifft. Der Bürgerentscheid ist zu einem machtvollen Instrument geworden. Vor allem zu einem Instrument der Verhinderer. Zum Beispiel die Umgehung für Inning, ein neues Rathaus in Seefeld oder das Aldi-Auslieferungslager auf Wörthseer Flur: alles abgelehnt. Besonders effektiv arbeiten die Kraillinger Verhinderer, die so ziemlich jedes größere Bauvorhaben zu Fall gebracht haben.

Diese wirkungsvolle Waffe hängt wie das sprichwörtliche Damoklesschwert über jedem Gemeinderat, der Größeres plant. Bürgermeister und Kommunalpolitiker müssen immer mitbedenken, dass sie ihre Entscheidungen bürgerbegehrensfest machen. Im Feldafinger Rathaus kann man nun aufatmen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: