Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Der Bürger zahlt immer

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Ob die Straßenausbausatzung gerecht ist? Die Ansichten gehen auseinander

Von Peter Haacke

Ein zweischneidiges Schwert ist die Straßenausbaubeitragssatzung. Das sperrige Wort - kurz: Strabs - provoziert in schöner Regelmäßigkeit erbittert geführte Debatten über Sinn und Unsinn einer Regelung, die den Bürger an den Kosten für allerlei Verbesserungen im öffentlichen Raum finanziell beteiligt. Nur wenn die Kommune quasi im Geld schwimmt und keinerlei Einbußen ihrer Leistungsfähigkeit zu erwarten sind, sieht der Gesetzgeber in Bayern unter bestimmten Voraussetzungen von einer Erhebung ab. Das ist in Starnberg jedoch nicht der Fall, wie das Verwaltungsgericht München unlängst darlegte.

Doch ist diese Regelung gerecht und zeitgemäß? Führt sie tatsächlich zum Ziel, Lasten gerechter auf die Allgemeinheit zu verteilen? Die Ansichten darüber sind höchst verschieden. Exemplarisch dazu Beispiele, die das Dilemma verdeutlichen: Sollten etwa die Bürger von Wangen und Leutstetten zur Kasse gebeten werden, wenn in Hadorf die Straßenbeleuchtung erneuert wird? Müssen allein die Anlieger einer Straße anteilig die Sanierungskosten tragen, obwohl der Weg tagtäglich von tausenden Fahrzeugen genutzt wird? Oder andersherum: Könnten tausende Steuerpflichtige mit teilweise kleinsten Einkommen steuerlich am Ausbau einer Anliegerstraße mit herrschaftlichen Villen und üppigen privaten Parkanlagen beteiligt werden?

Eine eindeutige Antwort darauf gibt es nach menschlichem Ermessen wohl kaum. Aber es gibt Lösungsansätze. Sieht man einmal von Bundesländern wie Baden-Württemberg ab, das auf dieses kommunale Instrument zur Erhebung von Beiträgen gänzlich verzichtet, oder wie Rheinland-Pfalz eine gestaffelte Regelung anbietet, bewegt sich auch in Bayern etwas: Der Gestaltungsspielraum für eine Strabs wurde vergrößert. Spannung verheißt derweil ein Prozess, den die Gemeinde Hohenbrunn am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angestrengt hat: Der Vorreiter in Sachen Strabs-Streichung strebt die Revision eines Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an. Auch Starnberg wandelt auf dieser Spur, doch der Ausgang der Sache ist ungewiss. Einige Stadträte hegen den Verdacht, dass die Fortsetzung des Starnberger Verfahrens lediglich ein Schaufensterantrag ist, um angesichts vollmundiger Verheißungen im Wahlkampf 2015 noch das Gesicht wahren zu können. In einem Punkt sind sich jedoch fast alle einig: Den Wegfall der Strabs gibt es nicht kostenlos, die Zeche zahlt am Ende immer der Bürger. Offen ist dabei nur, wer wie viel zahlen muss.

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Quelle:
SZ vom 20.09.2017
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