Kultur in Berg:Ein Roman und zwei Todesfälle

Kultur in Berg: Markus Richter stellt seinen Thriller "Königsherz" im Berger Marstall vor.

Markus Richter stellt seinen Thriller "Königsherz" im Berger Marstall vor.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Markus Richter schließt seine Neuschwanstein-Trilogie mit dem Thriller "Königsherz" ab. Bei der Buchpräsentation im Marstall erzählt der ehemalige Kastellan von mysteriösen Umständen, die seine Recherchen zum Leben und Sterben König Ludwig II. begleitet haben.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Berg

Markus Richter, der Autor des Thrillers "Königsherz", steht auf der Bühne, die nur von den Flammen der zwei fünfarmigen Kerzenständer beleuchtet wird. Im Hintergrund wird ein Foto des Gendarmerie-Wachtmeisters Ferdinand Boppeler an die Wand projiziert. Das ist der Füssener Polizist, der Ludwig II. treu zur Seite stand, bevor der Bayernkönig nach Berg transportiert wurde. Es ist eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Boppeler und Richter zu erkennen. Der Zuschauer glaubt zunächst, dass es zur Inszenierung der Buchvorstellung des dritten Bands der Krimireihe um Neuschwanstein und den Märchenkönig gehört, die am Samstag im Marstall in Berg stattfand. Doch dann erzählt der Autor die Geschichte dazu.

Im Herbst 2020 habe Richter eine E-Mail von einem Schweizer erhalten, der sich als "Sensitiver" vorstellte und mit Richter über den Tod Ludwigs II. reden wollte. Der Mann erzählte, er habe in dem Foto des Wachtmeisters Boppeler das Gesicht des Autors gesehen und erkannt, dass es sich um die gleiche Person handle. Richter war verständlicherweise skeptisch. Da der Schweizer aber behauptet hatte, er habe Informationen zum Tod des Märchenkönigs, die er aber nur in einem persönlichen Gespräch verraten wollte, stimmte Richter einem Treffen zu. Dazu kam es aber nicht mehr. Denn schon wenige Tage später erhielt der Autor eine E-Mail von der Haushälterin des Schweizers, in der sie mitteilte, dass dieser verstorben sei. "Sie können sich meine Reaktion auf diese Nachricht vorstellen", erklärt Richter im Nachwort zu seinem Krimi. "Die Fotografie von Ferdinand Boppeler betrachte ich seither mit anderen Augen und denke dabei an meinen Vater, der bis zu seinem Tod, genauso wie Boppeler, der Polizeichef von Füssen war."

Kultur in Berg: Das Berger Marstall ist bei der Buchvorstellung voll besetzt.

Das Berger Marstall ist bei der Buchvorstellung voll besetzt.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Zuvor waren bis dahin unbekannte Unterlagen des Apothekers Christian Singer aufgetaucht, der zu Ludwigs Zeiten den Hof in Hohenschwangau beliefert hatte. Manfred Wagner, der die Füssener Stadtapotheke führte, hatte die Erinnerungen seines Vorgängers auf dem Dachboden gefunden. Zum 134. Todestag von Ludwig II. am 13. Juni 2020 sollte ein Zeitungsbericht über die Entdeckung von Singers Aufzeichnungen erscheinen und es gab einen Pressetermin. Am nächsten Tag rief der Redakteur bei Richter an und berichtete, dass Wagner in der Nacht verstorben sei. Nach diesem Schock habe er sich lange Zeit nicht mehr mit dem Roman-Manuskript beschäftigen wollen, erklärt Richter auf der Veranstaltung, die von seinem Sohn Philipp und seiner Ehefrau Vanessa als perfekte Show gestaltet worden ist. Doch immerhin können die Zuschauer im voll besetzten Marstall jetzt nachvollziehen, warum Richter immer wieder Schreibblockaden hatte, bevor er den Roman endlich fertigstellen konnte.

Richters Frau Vanessa hat auch die Erinnerungen des Apothekers Singer transkribiert, da sie als Kulturvermittlerin im Museum der Bayerischen Könige in Hohenschwangau die alten Schriften entziffern konnte. Darin wird auf 21 Seiten über die Verhaftung Ludwigs II. berichtet. Doch die entscheidenden zwei Seiten zu den Todesumständen des Märchenkönigs fehlen.

Der Autor war lange Schlossführer und Kastellan von Neuschwanstein

Richter war 20 Jahre lang Schlossführer und später Kastellan von Neuschwanstein. Er kennt also schon von Berufs wegen alle Geschichten, die sich um Neuschwanstein und den mysteriösen Tod Ludwigs II. ranken. Als Richter 2012 in die Schwarzgeld-Affäre um das Schloss hineingezogen wurde, durfte er bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens - es endete mit seinem Freispruch - nicht arbeiten. In dieser Zeit habe er angefangen, seinen ersten Roman zu schreiben, erzählt er am Rande der Veranstaltung. Ebenso wie in seinen früheren Büchern, hat auch der neue Roman zwei Handlungsstränge, einen historisch fundierten und einen fiktiven, die er miteinander verwebt.

Obwohl sich um den mysteriösen Tod des Bayernkönigs viele Geschichten ranken und ebenso viel geschrieben wurde, hat Richter fasziniert, dass es einer der größten Kriminalfälle in der Geschichte Bayerns war. Wie viele andere Autoren vor ihm, baut auch Richter verschiedene Argumentationsketten um scheinbar fundierte Tatsachen auf. Und selbstverständlich hat auch er seine eigene Version über das Ende Ludwigs II., das er aber auf der Veranstaltung nicht verraten will. "Jeder kennt die Geschichte, ja, aber nicht meine", betont Richter. Es sei wie bei der "Titanic". Man wisse, wie sie ausgehe, aber es sei dennoch spannend. Und damit ein Buch fessle, müsse eben Blut fließen.

Im nächsten Roman soll es um Prinzregent Luitpold gehen

Für Richter selbst allerdings ist jetzt Schluss: "Neuschwanstein ist tot", erklärt er und stellt mit Blick auf die "merkwürdigen Vorfälle", die im Zuge seiner Recherchen passiert sind, die rhetorische Frage: "Sind das alles Zufälle?" Das habe für ihn den Ausschlag gegeben die Trilogie um die Vorkommnisse auf Schloss Neuschwanstein und den Tod von Ludwig II. abzuschließen.

Mit dem Schreiben will Richter jedoch weitermachen. Er hat schon eine Idee für den nächsten Roman. Es gehe um Prinzregent Luitpold von Bayern, der nach dem Tod des Märchenkönigs die Regentschaft übernahm. "Er war der Königsmörder. Das ist ein Stoff für ein neues Buch", sagt Richter und verabschiedet sich.

Das Buch "Königsherz", ein Neuschwanstein-Thriller von Markus Richter, ist im Verlag Edition Tingeltangel erschienen und im Buchhandel sowie im Internet unter www.edition-tingeltangel.de erhältlich.

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