Süddeutsche Zeitung

Bernried:Das Kloster gehört nun dem Dorf

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Der Kaufvertrag zwischen den Missionsbenediktinerinnen und der Gemeinde ist besiegelt. Nachdem auch der Vatikan seine Zustimmung gab, entsteht in der 900 Jahre alten Anlage eine neue Grundschule mit Kinderbetreuung - und die Nonnen behalten ihr Zuhause

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Nun ist es offiziell: Vor knapp eineinhalb Jahren hatte die Gemeinde Bernried bekannt gegeben, dass sie das Kloster der Missionsbenediktinerinnen erwerben will. Vergangene Woche haben beide Parteien den Deal notariell besiegelt. Bürgermeister Georg Malterer sprach auf der jüngsten Sitzung des Gemeinderats von einem "historischen Moment". Dieser wichtige Tag sei eigentlich ein Grund zum Feiern, sagte er. Doch wegen der Pandemie sei er lediglich mit der Priorin der Kongregation der Missionsbenediktinerinnen in Tutzing, Schwester Ruth Schöneberger, unter Einhaltung der Hygienebedingungen in lockerer Runde zusammengesessen.

Es ist eine Win-win-Situation: Die Missionsbenediktinerinnen mussten die 900 Jahre alte Klosteranlage in Bernried verkaufen, weil sie sich die Brandschutzauflagen nicht leisten konnten. Die 16 in Bernried lebenden Ordensschwestern hätten die Bildungsstätte abwickeln und ins Tutzinger Hauptkloster umziehen müssen. Nun können die Nonnen im Kloster wohnen bleiben, die Gemeinde übernimmt die 35 Mitarbeiter der Bildungsstätte. Für die Kommune hat der Kauf weitere Vorteile: Das 30 000 Quadratmeter große Areal in Bestlage direkt am Ufer des Starnberger Sees bleibt als Herzstück des Dorfes gesichert. Zudem bietet das Kloster genug Platz für eine neue Grundschule plus Kinderbetreuung. Die Gemeinde hatte schon lange nach einem neuen Standort gesucht, da es in den Einrichtungen zu eng geworden war, auf dem Grundstück aber keine Erweiterungsmöglichkeiten bestanden.

Die Missionsbenediktinerinnen, die das Bildungshaus seit 1972 betreiben, hatten lange vergeblich nach einem Investor gesucht. Als sich die Gemeinde ins Spiel brachte, machte sich Erleichterung bei den Klosterschwestern breit, die drohende Kündigung der Mitarbeiter konnte abgewendet werden. "Es war kurz vor knapp", sagte damals die Oberin des Klosters, Schwester Mechthild Hommel.

Gleichwohl stellt der Kauf für die Kommune einen finanziellen Kraftakt dar. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Die Benediktinerinnen dürften der Gemeinde aber entgegengekommen sein, es wurde Ratenzahlung vereinbart. Das Okay aus Rom kam aber erst im Herbst, der Vatikan musste den Kaufvertrag absegnen. Verwaltungstechnisch aufwendig war zudem die Gründung eines eigenen Kommunalunternehmens, damit die Gemeinde Bildungsstätte und Mitarbeiter übernehmen konnte. Erst danach konnte der Notartermin vereinbart werden.

Wie gut die Beziehungen zwischen Gemeinde und Missionsbenediktinerinnen sind, zeigen die Umbaupläne. Obwohl der Kauf noch nicht abgeschlossen war, machten die Ordensschwestern schon vor einem Jahr den Gartensaal frei; auch mit den Umbauarbeiten für die Kinderbetreuung konnte begonnen werden. Die neue Grundschule ist im Ostflügel mit Blick zum See geplant. Derzeit befinden sich dort Klosterzellen, Fremdenzimmer sowie die Kapelle, die bestehen bleiben soll. Der Bereich steht nicht unter Denkmalschutz, die Gemeinde ist offen bei den Planungen. Das Gebäude könnte entkernt und saniert, aber auch durch einen Neubau ersetzt werden. Der Schulbau wird staatlich gefördert.

In dem denkmalgeschützten Bereich, in dem derzeit die Seminarteilnehmer des Bildungshauses mit Essen versorgt werden, könnte sich der Bürgermeister eine Gaststätte mit Biergarten vorstellen. Aber diese Pläne liegen in weiter Ferne. Vorerst sind Synergieeffekte mit dem historischen Sommerkeller geplant, der in den vergangenen Jahren zum Veranstaltungssaal umgebaut worden ist. Die Klosterküche könnte dort die Bewirtung übernehmen. Das Kloster wurde 1120 von den Augustiner Chorherren gegründet. Die Gemeinde hatte dem Kloster bereits früher Grundstücke abgekauft. Zusammen mit der nun erworbenen Klosteranlage ist Bernried die einzige Seegemeinde, die über den gesamten Uferbereich im Dorf selbst bestimmen kann.

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Quelle:
SZ vom 14.12.2021
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