Klinikum Starnberg:Schulungszentrum für Notfallmedizin

Aus den Wellnessräumen der Residence werden Lehrräume, in der ehemaligen Sauna steht die Computeranlage: Das Klinikum Starnberg hat 50 000 Euro investiert.

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Plötzlicher Herztod kann jeden treffen, in der U-Bahn oder zuhause. Lebensrettende Sofortmaßnahmen sind entscheidend, denn schon nach fünf Minuten ohne Behandlung haben Patienten keine Überlebenschance mehr. Mit Schulungen im Notfallmanagement hat das Starnberger Klinikum ein in Deutschland einmaliges Angebot geschaffen. In enger Kooperation mit dem BRK und der Rettungsdienstschule in Wolfratshausen werden alle Mitarbeiter von der Küche über die Verwaltung bis hin zum medizinischen Personal geschult, damit sie in Notfallsituationen effektiv Leben retten können. Am Dienstag wurde das neue Schulungszentrum im Untergeschoss der Residence eröffnet.

Klinikum Starnberg: Im neuen Zentrum für Notfallmedizin im Klinikum Starnberg können Mitarbeiter Reanimation üben.

Im neuen Zentrum für Notfallmedizin im Klinikum Starnberg können Mitarbeiter Reanimation üben.

(Foto: Arlet Ulfers)

"Ich würde mir nicht zutrauen, dass ich richtig reagiere", räumte der Geschäftsführer des Starnberger Klinikums Heiner Kelbel ein. Nach der Erfahrung des Ärztlichen Direktors, Professor Arnold Trupka, haben viele Laien Angst zu helfen, weil sie nicht entsprechend ausgebildet sind. Doch "jeder kann jederzeit und überall als Ersthelfer gefordert sein", betonte Trupka. Und vielen Betroffenen könnte geholfen werden, wenn Laien im Notfall reanimieren, bis der Notarzt eintrifft. Hier habe Deutschland Nachholbedarf. Während in Schweden in rund 60 Prozent der Fälle Laien mit Reanimationsmaßnahmen starten, sind es in Deutschland laut Trupka gerade mal 15 Prozent. Laut Statistik sterben pro Jahr 80 von 100 000 Einwohner in Deutschland am plötzlichen Herztod. Im Landkreis Starnberg sind laut Landrat Karl Roth drei Bürger pro Woche betroffen.

Klinikum Starnberg: Sie weihen die neuen Schulungsräume ein: (v. li.) Professor Arnold Trupka, Guylène Keyl, Geschäftsführer Heiner Kelbel, BRK-Chef Jan Lang und Landrat Karl Roth.

Sie weihen die neuen Schulungsräume ein: (v. li.) Professor Arnold Trupka, Guylène Keyl, Geschäftsführer Heiner Kelbel, BRK-Chef Jan Lang und Landrat Karl Roth.

(Foto: Arlet Ulfers)

Die Kurse haben das Ziel Laien die Berührungsängste zu nehmen sowie Kommunikation und Abläufe zu optimieren. Vorerst sollen alle 1200 Mitarbeiter der Kliniken in Starnberg, Penzberg und Seefeld sowie die rund 850 BRK-Mitarbeiter im Landkreis nach einem Stufenkonzept geschult werden. Die offiziell nach der American Heart Association (AHA) standardisierte Schulung ist für zwei Jahre gültig und wird dann wiederholt. Derzeit werden pro Jahr 70 Schulungen für Mitarbeiter und Externe angeboten. BRK-Kreisgeschäftsführer Jan Lang könnte sich aber durchaus vorstellen, dass künftig auch andere Organisationen außerhalb der Pflege von der Ausbildung profitieren. Die Schulung ist 2016 von der Fachärztin für Anästhesie und Notfallmedizin, Guylène Keyl, initiiert worden. Sie leitet im Klinikum die Abteilung Notfallmanagement und ist überzeugt davon, dass Notfallmedizin "reine Teammedizin" ist. "Am Anfang hatten wir eine Vision die nahtlos ineinandergreifende Rettungskette zu optimieren", sagte sie.

In den vergangenen sechs Monaten hat das Klinikum die Wellnessräume der Residence in Schulungsräume umgebaut. Es sind Simulationspuppen aller Größen aufgebaut, um lebensrettende Soforthilfe bei Säuglingen bis hin zu erweiterten Reanimationsmaßnahmen bei Erwachsenen üben zu können. In der ehemaligen Sauna steht die Computeranlage, zu der alle Daten übermittelt werden. Die Wiederbelebungsversuche der Schüler werden darüber hinaus per Video aufgezeichnet und später analysiert. "Wenn man sich selbst sieht, kann man sein Verhalten viel besser beurteilen", sagte Keyl. Diese allumfassende Umsetzung des Konzepts im Klinikum ist nach ihren Angaben ein deutschlandweites "Alleinstellungsmerkmal". So viel technisches Equipment hat seinen Preis. Insgesamt 50 000 Euro hat das Klinikum investiert. Ohne Hilfe des Fördervereins wäre das nicht möglich gewesen, lobte Trupka.

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