Klimatag beim Fünfseen-Filmfestival:Das Große im Kleinen sichtbar machen

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Jutta Doberstein, Jan Schmidbauer, Merit Willemer, Alexander Eichberger, Franz Böhm und Jennifer Müller-Williams (von links) im Gautinger Kino. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Auswirkungen der Erderwärmung müssen in Bildern erzählt werden, da sind sich die Filmschaffenden einig. Beim Klimatag des Festivals wird aber auch klar: Verantwortung müssen alle übernehmen

Von Laura Höring, Gauting

Bayern ohne Schnee: Bereits in 50 Jahren könnte das Klima in der Region ähnlich dem der in Kroatien gelegenen Hafenstadt Rijeka sein. Das ging aus einem Vortrag zum Klimawandel von Jennifer Müller-Williams vom Deutschen Wetterdienst hervor, den diese am Klimatag des Fünfseen-Filmfestivals hielt. "Jeder, der schon mal in der Mittelmeerregion war, weiß, wie sehr sich die Vegetation und das Leben der Menschen dort von dem in der Landeshauptstadt unterscheidet", sagte die Wissenschaftlerin im Breitwand-Kino Gauting. Die Veränderungen würden die Region vor große Herausforderungen stellen.

"Wir verzeichnen an der Wetterstation am Hohenpeißenberg über die letzten Jahrzehnte einen eindeutigen Trend im Anstieg der Temperatur. Der Niederschlag wird insbesondere in den Sommermonaten abnehmen." Über den Umgang mit der Krise diskutierte im Anschluss eine von Alexander Eichberger moderierte Gesprächsrunde. Die Perspektive der jungen Generation war mit dem 22-jährigen Regisseur Franz Böhm, dessen Dokumentarfilm Dear Future Children auf dem Festival gezeigt wurde und der 20-jährigen Fridays- for-Future-Aktivistin Merit Willemer prominent vertreten. Die ökonomische Perspektive vertrat SZ-Wirtschaftsredakteur Jan Schmidbauer. Als Expertin für Klimagerechtigkeit agierte Jutta Doberstein, Co-Autorin des Fernsehfilms Ökozid, der sich damit beschäftigt, ob die Bundesrepublik ihre völkerrechtliche Pflicht verletzt hat, einer Erhöhung der weltweiten CO₂-Konzentration entgegenzuwirken. Die zentrale Frage stellte Eichberger in den Raum: "Wie kann man die Gesellschaft dazu bringen, klimapolitische Ziele und Maßnahmen zu akzeptieren, die zum Teil auch unbequem sind?" Hier sehen sich die Filmschaffenden selbst in der Verantwortung, Geschichten zu erzählen, die die Auswirkungen des Klimawandels erlebbar machen. "Manchmal braucht man ein individuelles Schicksal, um die Tragweite des großen Ganzen begreifbar zu machen", sagte Franz Böhm, dessen Dokumentarfilm das Leben dreier junger Aktivistinnen aus Hongkong, Uganda und Chile porträtiert. Eine große Verantwortung hätten zudem die Medien, klimapolitische Themen noch prominenter zu platzieren.

Zur Sprache kamen auch die mit einer Umstrukturierung einhergehenden Veränderungen in der Arbeitswelt. Wirtschaftsredakteur Schmidbauer verwies darauf, dass unter anderem in der Automobilbranche hunderttausende Jobs trotz Umstiegs gesichert werden müssten. Dem entgegnete die Umweltaktivistin Willemer: "Der Job von heute steht aber in keinem Verhältnis dazu, was passieren wird, wenn wir jetzt nicht radikal handeln. Die 1,2 Grad Erwärmung die wir jetzt schon haben, können wir nicht rückgängig machen. Wir können nur dafür sorgen, dass es nicht noch schlimmer wird."

Im Anschluss an die Diskussion übergab Gregory Endres von der Nachhaltigkeitsberatung "Fokus Zukunft" den Festival-Organisatoren eine Urkunde über den ausgeglichenen CO₂-Fußabdruck des Festivals. Mit eingeflossen in die Berechnung sind unter anderem Papier-, Wasser- und Stromverbrauch sowie die An- und Abreise der Gäste und die durch Verpflegung verursachten Emissionen. Insgesamt 118 Tonnen CO₂ verursacht das Filmfestival - kompensiert werden diese durch den Erwerb von 118 Klimaschutzzertifikaten, die ein Flusskraftwerk in Indien unterstützen.

© SZ vom 24.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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