Klärwerk Eching:Die andere Rechnung

Experte Werner Bauer stellt ein neues Gutachten vor, das für die thermische Verwertung am Klärwerk Eching stabile Müllgebühren prognostiziert. Grundlage des Konzepts ist eine Kooperation dreier Landkreise, doch Starnberg kommt in der Kostenaufstellung nicht mehr vor

Von Armin Greune, Eching

Es hätte ein Leuchtturmprojekt innerhalb der vom Landkreis Starnberg angestrebten Energiewende werden können: Aus dem Biomüll der Bürger sollte am Klärwerk Eching Nahwärme, Strom, Gartenerde und Dünger erzeugt werden. Doch das Vorhaben, das die Betreiber der Anlage - AWA Ammersee und Ammerseewerke - mit dem Starnberger Abfallwirtschaftsverband (Awista) realisieren wollten, platzte im März 2013 schon in der Phase der Vorgespräche. Für den damaligen Awista-Verbandschef Peter Flach hatte die Gebührenstabilität Vorrang: Er berief sich auf eine Studie, derzufolge die Entsorgung des Biomülls in Eching deutlich teurer gekommen wäre als die derzeitige Lieferung nach Augsburg. Doch nun liegt ein Gutachten desselben Sachverständigen vor, das die thermische Verwertung am Echinger Klärwerk nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll erscheinen lässt.

Werner Bauer vom Münchner Ingenieurbüro "ia" hat die neuen Zahlen kürzlich im Landsberger Umweltausschuss vorgestellt. Für die Abfuhr nach Eching zur Vergärung veranschlagt er nun Entsorgungskosten von 60 Euro pro Tonne, wie Wolfgang Müller, Sprecher des Landratsamtes Landsberg, auf Anfrage mitteilt. Diese Rechnung basiert auf einem Konzept, dass die Landkreise Landsberg, Fürstenfeldbruck und Dachau künftig bei der Entsorgung von Bio-, aber auch Restmüll zusammenarbeiten. In Eching könnten dann jährlich fast 20 000 Tonnen Biomüll verarbeitet werden: 9000 aus Landsberg, 5500 aus Dachau und 5000 aus Fürstenfeldbruck - was Einnahmen von rund 600 000 Euro im Jahr für Strom- und Wassererzeugung erwarten ließe. Starnberg kommt in dieser Kalkulation nach den Querelen vor eineinhalb Jahren selbstredend nicht mehr vor.

Kläranlage Eching

Eine Biogasanlage am nördlichen Ende des Ammersees im Klärwerk Eching könnte sich den neuesten Zahlen nach doch finanziell rentieren.

(Foto: Abwasserzweckverband)

Für diesen Landkreis war Bauer vor eineinhalb Jahren noch von Entsorgungskosten in Höhe von 95 Euro pro Tonne Biomüll ausgegangen - ein Preis, der um die Hälfte höher lag, als die Abfuhr nach Augsburg voraussichtlich kosten wird. Allerdings seien die Grundlagen seiner damaligen Kalkulation für die Vergärung in Eching "mit großen Unsicherheiten" behaftet gewesen, sagt Bauer, der seit 29 Jahren Konzepte für die Abfallwirtschaft erarbeitet.

Die neuen Zahlen fußen auf einer sehr viel solideren und genaueren Basis (siehe Kasten). Ein weiterer Vorteil des neuen Konzepts sei, dass nun ein bereits bestehender Faulturm in Eching nicht mehr für die Biogasanlage verwendet wird: Es hätte "extreme juristische Probleme" bereitet, die Altanlage auch in die neuen Besitzverhältnisse einzubeziehen, sagt Bauer. Denn das neue Konzept setzt voraus, dass sich die drei Landkreise als Kommunalgesellschaft an Eching beteiligen. Dies mache Sinn, da Teile der Infrastruktur und des Personals im Klärwerk auch für die Biogaserzeugung herangezogen werden sollen. Außerdem wäre diese Kooperation auch von der Mehrwertsteuer befreit.

In Landsberg traf aber gerade die interkommunale Beteiligung auf Skepsis: Eventuell ließen sich auf dem freien Markt günstigere Preise für die Entsorgung erzielen, meinte Landrat Thomas Eichinger (CSU). Wenn aber der Landkreis nicht als Kunde sondern als Teilhaber auftrete, könne er künftig keine alternativen Angebote mehr über Ausschreibungen einholen. Für Eichinger stehen wie weiland für Flach günstige Müllgebühren an erster Stelle. Bedenken hatten die Kreisräte auch wegen der im Konzept angestrebten Vereinbarung mit den nördlichen Nachbarn über die Verwertung des Restmülls: Alle drei Landkreise sollen ihn künftig nach Geiselbullach liefern, wo Dachau und Fürstenfeldbruck bereits mit ihrer GfA ein gemeinsames Heizkraftwerk betreiben.

Die Kosten der Entsorgung

60 statt wie bisher 95 Euro Entsorgungskosten pro Tonne organischen Abfalls - obwohl die Investitionen für eine Biogasanlage in Eching nun auf zwölf Millionen statt fünf Millionen Euro geschätzt werden: Diese Zahlen erscheinen auf den ersten Blick widersprüchlich. Doch wie Gutachter Werner Bauer erläutert, haben sich im Vergleich zur ersten Studie einige Rahmenbedingungen geändert. Zunächst hatte man vorgesehen, einen bestehenden Faulturm in Eching für die Verwertung in die Vergärung einzubeziehen. Nun werde stattdessen ein kompletter Neubau zu Grunde gelegt. Das zieht zwar mehr als eine Verdoppelung der Investitionskosten nach sich, ermöglicht aber in der Folge einen wesentlich günstigeren Betrieb. Der kompaktere Neubau verkürze beispielsweise die Wege im Produktionsablauf.

Weiter wirkten sich in der Neukalkulation die mittlerweile noch weiter gesunkenen Zinsen aus, die eine raschere Amortisation der Neubaukosten ermöglichen. Vor allem aber spielten Menge und Qualität des angelieferten Biomülls eine Rolle: Im ersten Gutachten war Bauer noch von 16 000 Tonnen jährlich ausgegangen, von denen allein 11 000 Tonnen im Landkreis Starnberg und 5000 beispielsweise in Fürstenfeldbruck gesammelt worden wären. Nun rechnet er mit 19 500 Tonnen und einer entsprechend besseren Auslastung der Anlage.

Noch wichtiger sei aber der Energieinhalt der Abfälle: Je nach Art der zu vergärenden Materie können aus einer Tonne zwischen 70 und 500 Kubikmeter Gas gewonnen werden. Der Ertrag aus Gartenabfällen liegt eher im unteren Bereich, Küchen- und Lebensmittelreste lassen sich energetisch wesentlich besser verwerten. Bauer rechnet nun mit einem Durchschnittsertrag von 150 Kubikmeter - was eher niedrig angesetzt sei und sich auch steuern ließe. Je größer die Biomülltonne dimensioniert ist, desto eher werde darin auch Rasen- oder Strauchschnitt entsorgt. In Fürstenfeldbruck etwa sammele man Biomüll in Kunststoffsäcken, die sich für schwere und sperrige Gartenabfälle kaum eignen.arm

Anfang 2016 müssen in Landsberg flächendeckend Biotonnen bereit gestellt werden - bislang gibt es das nur in den zwei größten Kommunen. "Wir sind dabei, den Markt für Biomüll zu sondieren", sagt Müller. Auch die Verwertung des Restmülls stehe gerade zur Disposition: Auf die Ausschreibung sei unter anderem auch ein Angebot der GfA eingegangen, die Optionen müssten aber erst noch geprüft werden. Bislang liefert Landsberg seinen Restmüll ins fast 300 Kilometer entlegene Coburg, für die aktuellen Angebote wird ein Malus pro Kilometer Distanz zugrunde gelegt. Falls Bauers Konzept umgesetzt werde, müsse man diese Ausschreibung wohl wieder aufheben, meint Müller. Über die Studie soll jetzt in den Fraktionen und demnächst im Kreisausschuss beraten werden.

Bleibt die Frage, ob die Starnberger doch noch mit ins Boot geholt werden könnten. In Bauers neuen Studie wurde der Landkreis nicht mehr berücksichtigt. "Grundsätzlich ist es möglich, aber die Investitionen wären dann neu zu kalkulieren", sagt der Abfallwirtschaftsexperte. Der Bau käme dann zwar etwas teurer, aber die spezifischen Kosten pro Tonne Biomüll würden nochmals deutlich sinken.

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