Kirchweih im Fünfseenland:Kirtanudeln, Hutschn und Betteltanz

Alkohol, Musik, Tanz und die größte Kuppelaktion der Region: Die Bräuche zu Kirchweih sind vielfältig und im Fünfseenland wieder voll in Mode.

Armin Greune

Jahrhundertelang hatte die Kirchweih oder Kirta einen ganz besonderen Stellenwert im Festkalender der bayerischen Dörfer: Der dritte Sonntag im Oktober stand dabei weniger für ein frommes Gedenken an Kirchenheilige als für exzessive Trinkgelage und Tanzfeste. In den vergangenen Jahren ist auch im Fünfseenland das Interesse am alten Brauchtum wieder erwacht und vor allem das Kirta-Hutschn neu belebt worden. So werden kräftige Burschen am kommenden Sonntag in Dießen und Raisting wieder aufgehängte Baumstämme hin- und herschwingen.

Kirchweih in Bayern

Die Kirta-Hutschen ist eine große Schaukel für bis zu 20 Personen. Sie wird zu den traditionellen Kirchweih-Festen in der Region aufgestellt. 

(Foto: dpa)

In Geisenbrunn findet die Kirta samt Hutschn bereits Anfang Juli zum Patrozinium "Mariae Heimsuchung" statt. Am Samstag, 16. Oktober, veranstalten die dortigen Volksmusikfreunde im Freizeitheim einen Kirta-Hoagartn: Von 19.30 Uhr an werden folgende Musikanten und Sänger erwartet: De' Vadrahdn, der Starnberger Fischerbuam Viergsang, die StreichBar Geigenmusi, der Kochler Madl Dreigsang und das Duo Knöpf und Soatn. In Starnberg zeigt die Trachtenjugend am Kirchweihsonntag ihr Können: Von 15 Uhr an werden bei Kaffee und Kirtanudeln im Trachtenheim am Hans Zellner Weg Mundartgedichte vorgetragen, es wird getanzt, gesungen und musiziert.

Wer am Sonntag das traditionelle Hutschn miterleben will, muss sich zum Ammersee aufmachen: In Dießen laden die Trachtler in ihr Heim am Vogelherd ein. Im Süden der Marktgemeinde, hinter dem SOS-Kinderdorf wird von 14 Uhr an gefeiert, gegessen, getrunken - und natürlich gehutscht: Bis zu 15 Leute haben auf dem Holzbalken Platz und können so beim Schaukeln in Längsrichtung hautnah anbandeln. Es werden Aus'zogene, Speck, Gramlfett-Brote, Weine vom Kaiserstuhl und ein großes Kuchenbuffet angeboten; die Uttinger Blasmusikfreunde unter Leitung von Michael Bauer spielen auf. Für Kinder sind Heuballen zum Hüpfen und ein Spiele-Parcours aufgebaut.

Drei Kilometer weiter südlich, in Raisting, befindet sich die wahre Hochburg gelebten Kirta-Brauchtums: Bereits zum 16. Mal wird heuer im Beckadisi-Stadl an der Dießener Straße die Balkenschaukel zur Musik der Raistinger Blaskapelle geschwungen. Von 11 bis 18 Uhr reicht das kulinarische Palette von Kirta-Kiacherln und Weißwürst zum Frühschoppen, über bayerische Schmankerln zum Mittag bis zum Kuchenbuffet und Zwiebelkuchen mit Federweißem. Außerdem verkaufen die Landfrauen des Orts ihre Produkte.

Im Heimatmuseum gegenüber der Kirche wird das 20-jährige Bestehen mit einem Tag der offenen Tür gefeiert: Auf drei Etagen können unter anderem ein alter Kramerladen, eine Schusterwerkstatt, eine Trachten- und eine Musikinstrumenten-Sammlung besichtigt werden. In einer Sonderschau präsentiert Renate Tscheru heuer Klosterarbeiten wie Andachtsbilder und Fatschenkindl. Und auf einer Wiese an der Bahnhofstraße werden den ganzen Tag über traditionelle Dreschtechniken demonstriert.

Vor allem aber zeichnet sich Raisting am Kirta-Montag durch eine traditionelle Veranstaltung aus, die weit und breit ihres Gleichen sucht: Zum Betteltanz verkuppeln dort seit mehr als 150 Jahren die sogenannten Ruatnbuam unverheiratete Burschen und Madln. Für die nicht direkt am Trubel und Trunk Beteiligten ist der Zug der etwa 150 jungen Frauen durchs Dorf der Höhepunkt des Spektakels: Von 13 Uhr an führen sie die Ruatnbuam feierlich vom Gasthof "Drexl" zur "Post", wo ihre - bis dato noch unbekannten - Partner warten.

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