Gastronomie:Willkommen im Kirchcafé

Gastronomie: Kirche mit Café: Kirchenpfleger Richard Leopold (li.) und Starnbergs Stadtpfarrer Andreas Jall freuen sich auf die ersten Gäste in St. Maria.

Kirche mit Café: Kirchenpfleger Richard Leopold (li.) und Starnbergs Stadtpfarrer Andreas Jall freuen sich auf die ersten Gäste in St. Maria.

(Foto: Georgine Treybal)

In der Starnberger Stadtpfarrkirche St. Maria öffnet ein neuer Treffpunkt seine Pforten.

Von Sabine Bader

"Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Kaffee zu trinken", sagt Starnbergs Stadtpfarrer Andreas Jall und lässt sich einen Espresso aus der funkelnagelneuen Maschine kredenzen. Das fauchende Gerät steht, man höre und staune, in einem kleinen Café an der Ostseite der Starnberger Stadtpfarrkirche St. Maria. Von außen ist es noch nicht erkennbar. "Da muss natürlich auch noch ein Schild hin", sagt er. Doch am kommenden Sonntag wird das "Kirchcafé", wie es offiziell heißt, eingeweiht.

Die Idee für einen ungezwungenen Begegnungsort hatten er und Kirchenpfleger Richard Leopold schon vor Jahren entwickelt. Und schnell war auch ein dafür geeigneter Raum am katholischen Gotteshaus mitten in der Stadt gefunden - neben der sogenannten Unterkirche in Richtung Wittelsbacherstraße. Früher hatte darin der Kirchenchor geprobt, den Ministranten diente er zum Umkleiden. Der Raum erschien Jall und Leopold als durchaus geeignet für einen Treffpunkt. Schließlich leben in der Kreisstadt nach Jalls Dafürhalten "sehr mobile Menschen" - sprich: Leute, die nicht ihr Leben lang am selben Ort bleiben. "Wir haben uns gefragt, wie kann man auch ihnen ein Zuhause geben, auch sozial", sagt er. Es gehe schlicht ums Kontakte knüpfen, neue Menschen kennenzulernen. Und da kann ein kleines Café mit Gottes Hilfe Wunder wirken.

So haben sich Kirchenpfleger Leopold und andere handwerklich begabte Gemeindemitglieder ans Werk gemacht: Das Parkett wurde abgeschliffen und neu versiegelt, Fenster restauriert, die Wände neu verputzt und gestrichen, die Elektrik erneuert und das Mobiliar angeschafft und eingebaut. An den Wänden hängen zahlreiche gerahmte Bilder und Dokumente. Und jedes hat seine Geschichte: Da ist zum Beispiel ein Brief, den man entdeckt hat. Darin beschwert sich Kardinal Michael von Faulhaber beim Starnberger Pfarrer über die örtlichen Gläubigen, die sich mit einer Beschwerde direkt an den Papst in Rom gewandt haben. Eine Aufmüpfigkeit, die der Kardinal seinerzeit offensichtlich nicht goutierte. Das passt trefflich zu den beiden großen Konterfeis von Don Camillo, die ebenfalls an der Kaffeehaus-Wand hängen. Andreas Jall ist ein Fan des aufmüpfigen italienischen Geistlichen, der in einem Spielfilm aus 1952 mit dem kommunistischen Bürgermeister Peppone in einer kleinen Gemeinde schlitzohrig seine Streitigkeiten ausficht. Die Romane von Giovannino Guareschi faszinieren ihn, sagt Jall. Allein schon deshalb, weil Don Camillo ein "modernes Gottesbild" hatte. Einige Predigten habe er daher schon mit Zitaten von Don Camillo begonnen. "Wir haben hier nur keinen Peppone."

Gastronomie: Schlitzohriger Pfarrer und Kaffeetrinker: Fernandel in der Rolle als Don Camillo im italienisch-französischen Komödien-Klassiker "Don Camillo und Peppone" von 1952.

Schlitzohriger Pfarrer und Kaffeetrinker: Fernandel in der Rolle als Don Camillo im italienisch-französischen Komödien-Klassiker "Don Camillo und Peppone" von 1952.

(Foto: Georgine Treybal)

Daneben hängt ein Plakat aus dem Jahr 1909 von einem Benefizkonzert im längst abgerissenen Pellet-Mayer-Saal für den Starnberger Kirchenneubau. Im Vorraum des Cafés hängen dann die historischen Pläne von der Kirchenentstehung. Denn bereits 1885 war in Starnberg über den Neubau debattiert - oder besser: gestritten - worden. 40 Jahre ging es dann hin und her. Die Optik des Starnberger Gotteshauses veränderte auf den Plänen mehrfach ihr Gesicht, bis schließlich 1933 die heutige Kirche eingeweiht wurde. Dass diese von außen nicht gerade einladend wirkt, ist Jall bewusst. "Darum wollten wir die Fassade ja auch auflockern." Darüber verhandle man derzeit noch mit den Erben des Architekten.

Gastronomie: Einer von vielen Entwürfen für den Neubau der Starnberger Kirche St. Maria, der nicht realisiert wurde.

Einer von vielen Entwürfen für den Neubau der Starnberger Kirche St. Maria, der nicht realisiert wurde.

(Foto: Georgine Treybal)

Eines ist sicher: Viele Arbeitsstunden stecken in dem Kaffeehaus-Projekt. Und ein wenig stolz kann der Kirchenpfleger, der im täglichen Leben Kieferorthopäde ist, zurecht sein, wenn er auf das Ergebnis blickt: Jetzt ist alles schmuck, modern, einladend. Ein Aushängeschild für die Kirchengemeinde. Vor allem, wenn man sich vorstellt, dass bei schönem Wetter sonntags noch Tische und Stühle hinaus befördert werden und sich auch Laufkunden, die über den Kirchplatz pilgern, eingeladen fühlen. "Eigentlich müsste es `Café Leopoldina` heißen", sagt Jall. Denn schließlich habe der 59-jährige Kirchenpfleger die Hauptarbeit damit gehabt.

Corona hat den Kaffeehaus-Start verzögert

Genau genommen wären die Räume schon vor gut eineinhalb Jahren annähernd fertig gewesen. Doch dann kam die Corona-Pandemie, und aus dem Kaffeehaus-Start wurde nichts. Jall: "Wir stehen seit zwei Jahren in den Startlöchern." Das Geld für Mobiliar, Geschirr, Gastro-Spülmaschine und vor allem die professionellen Kaffeemaschinen stammt übrigens aus Spenden für das Kaffeehaus-Projekt. "Kirchenpfleger Leopold war dafür auf Fundraising-Tour bei der notleidenden Starnberger Bevölkerung unterwegs", bemerkt Jall süffisant. Um es aber gleich zurecht zu rücken: "In Starnberg gibt es beileibe nicht nur reiche Leute. Viele können es sich beispielsweise nicht leisten, am Sonntag mit zwei Kindern in ein Kaffeehaus zu gehen." Doch auch für sie soll das Kirchcafé Anlaufstelle sein, denn feste Preise gibt es nicht. Wer etwas geben kann und will, darf spenden. Betrieben wird das Café von Mitgliedern der Kirchengemeinde, vorerst allerdings nur nach den Gottesdiensten, bei kirchlichen Veranstaltungen und Festen.

Das Kirchcafé öffnet seine Pforten erstmals am Palmsonntag, 10. April, gegen 11.15 Uhr nach dem Gottesdienst.

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