"Die Geschichte kam zu dir", stellt Kinobetreiber Matthias Helwig am Montag beim Filmgespräch mit Felicitas Darschin fest. Die Regisseurin ist mit ihrem ersten Kinospielfilm "Frau Mutter Tier" in ihren Heimatort Gauting gekommen und erzählt dem Publikum von den Erfahrungen, Schwierigkeiten und Besonderheiten bei den Dreharbeiten. Nicht sie hat die Story gesucht, vielmehr sind die Produzenten auf sie zugekommen. Denn es gab bereits das gleichnamige Theaterstück von Alexandra Helmig, die mit Rudi Gaul das Drehbuch fürs Kino adaptiert hat.
Helmig war auch Co-Produzentin und spielt zudem eine der drei Hauptrollen der Ensemble-Komödie: Nela, 40, die in einer Werbeagentur Karriere machen will und sich neben dem kleinen Sohn, dem jüngerem Ehemann und der übergriffigen Schwiegermutter auch mit der männlichen Chefriege auseinandersetzen muss. Und das spielt sie souverän. Diese Konstellation sei nicht einfach gewesen, sagt Darschin auf Helwigs Nachfrage, es habe viele und lange Diskussionen gegeben. Denn schließlich habe jede Autorin eine Vorstellung davon, wie der Film werden sollte. Diese Gespräche hätten Zeit gekosten, seien aber notwendig und wichtig gewesen.
Die Geschichte kreist um drei moderne Mütter und ein paar andere Supermamas, die sich regelmäßig auf dem Spielplatz treffen. Sie stehen für klassische Frauentypen, die den Kindern, dem Ehemann und dem Alltag gerecht werden wollen. Irgendwo zwischen Selbstaufopferung und Selbstverwirklichung hängt Marie, 35, fest. Julia Jentsch spielt sie. Sie ist so ordentlich und gut organisiert, dass man einerseits neidisch werden könnte, andererseits die beiden Kinder bedauern muss. Als dritte ist da noch die alleinerziehende Tine, 22, gespielt von Kristin Suckow, die ihren Lebensunterhalt mit einem Schicht-Job in einem Drogeriemarkt verdient. Verzweifelt sucht sie nach einem Kita-Platz für ihre 18-Monate alte Tochter, nicht ahnend, dass heutzutage "pränatale Anmeldung" nötig ist. Und es treibt sie die Sehnsucht nach einer guten Liebe. Als übereifrige hochschwangere und vorbildlich auftretende Spielplatzmutti glänzt zudem Brigitte Hobmeier.
Wie abgehetzt und atemlos die Mütter sind, inszeniert Darschin durch schnelle Schnitte. Bei Szenen- und Perspektivwechsel lässt sie ihre Protagonistinnen schon mal richtige Luftsprünge machen, was fast wie Fliegen ist und als Symbol für die Sehnsucht nach Freiheit steht. Sie nimmt sich aber auch Zeit für nachdenkliche und intime Momente, beispielsweise wenn die sich abhetzende Tine sehr liebevoll die eigene Mutter schminkt. Oder wenn sie rauchend auf dem Balkon steht und mit sehnsüchtigem Blick beobachtet, wie sich junge Leute in ihrem Alter in der Szene-Bar auf der anderen Straßenseite treffen. Oder Nela, die sich zum Schluss, als ihr inzwischen arbeitsloser Mann Lutz mit Leo eine Sandburg baut, einfach dazu setzt und ganz entspannt den spielenden Papa umarmt.
Die Arbeit mit den Schauspielerinnen habe ihr viel Spaß gemacht, sagt Darschin. Sie habe mehrmals zu Julia Jentsch, ihrer Wunschkandidatin für Marie, nach Zürich fahren müssen und sei sehr froh, dass Julia die Rolle übernommen habe. Kristin Suckow, die sehr an die junge Hillary Swank erinnert, sei ihr über die Casting-Agentur vermittelt worden und als Tine perfekt. Auch die Kinderdarsteller seien alle von Agenturen gefunden worden. "Sicher, beim Drehen muss sich alles nach den Launen des Kindes richten. Da heißt es Ruhe bewahren, offen und spontan sein, aufnehmen, was sich entwickelt." So habe sich der Darsteller von Maries Sohn Moritz sehr schwer getan, chaotisch zu sein. In den Spaghetti-Teller patschen oder den Apfelsaft umschmeißen, sei ihm nicht leicht gefallen. Damit passt er aber gut ins Bild des wohlerzogenen Kindes, das sich erst langsam an seine immer lässiger werdende Mama gewöhnt, die ihre Rolle als Helikoptermutti mehr und mehr vernachlässigt.
Die Veränderungen der gestressten Mütter kündigen sich durch leise Zwischentöne an, durch Blicke, die plötzlich intensiv werden und überraschende Erkenntnisse spiegeln. Oft bedingt durch die Umwelt, wie bei Tine, die unerwartet von der Filialleiterin (gespielt von Annette Frier) ernst genommen wird und als Influencerin die Schönheitsprodukte bewerben soll. Der Film läuft in Gauting und Dießen.