Fünfseen-Filmfestival:Mit einer starken Frau auf Zeitreise

Regisseurin Sabine Derflinger gelingt ein packender Film über Alice Schwarzer, der die Gemüter bewegt. Bei einer spontanen Diskussion über das Werk muss sich die Starnberger Gleichstellungsbeauftragte Sophie von Wiedersperg herbe Kritik gefallen lassen.

Von Renate Greil, Seefeld

Fünfseen-Filmfestival: Teilt nicht alle Meinungen von Alice Schwarzer: die Filmpatin Sophie von Wiedersperg (re.), Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Starnberg, zusammen mit der Festivalmoderatorin Anja Schmid (links).

Teilt nicht alle Meinungen von Alice Schwarzer: die Filmpatin Sophie von Wiedersperg (re.), Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Starnberg, zusammen mit der Festivalmoderatorin Anja Schmid (links).

(Foto: Franz Xaver Fuchs/Franz Xaver Fuchs)

Noch vor dem Kinostart am 15. September zeigt das Fünfseen-Filmfestival (FSFF) eine Dokumentation über die Journalistin, Autorin und Verlegerin Alice Schwarzer, die es geschafft hat, feministische Themen in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Der Film heißt schlicht "Alice Schwarzer", Regie führte die Österreicherin Sabine Derflinger. Wie schwer sich manche mit der Person Schwarzer tun, zeigte schon die Anmoderation der Seefelder Vorstellung von FSFF-Mitarbeiterin Anja Schmid und der Filmpatin Sophie von Wiedersperg, der Gleichstellungsbeauftragten im Landkreis Starnberg. Während Schmid meinte, einen passenderen Film könnte es für diese Patenschaft kaum geben, war Wiedersperg weit weniger euphorisch. Alice Schwarzer sei wichtig, aber sie spalte auch - und sie persönlich teile nicht alle Meinungen von Schwarzer, so Wiedersperg. Sie sei gespannt auf den Film, den sie ebenso wie Moderatorin Schmid noch nicht gesehen hatte.

Bei der spontan anberaumten Diskussion nach der Vorführung musste die Gleichstellungsbeauftragte heftige Kritik einstecken. Eine Zuschauerin ärgerte sich darüber, dass Wiedersperg als Patin in ihrer Ankündigung nicht wohlwollender für den Film eingetreten sei. Das Spaltende an Alice Schwarzer sei nur ein Aspekt, und darauf sollte nicht der Fokus gelegt werden, unterstützte sie eine andere Diskutantin. Auch vermisste ein Teilnehmer ein paar Worte zur Regisseurin. Sabine Derflinger sei selbstverständlich angefragt worden, konnte aber nicht kommen, sagte Schmid. "Wir fanden es wichtig, dass der Film im Festival gezeigt wird", meinte sie. Das Thema sei wichtig, sagte auch Wiedersperg und berichtete, dass die übernommene Filmpatenschaft nicht allen in ihrer Behörde gefallen habe. Besonders beeindruckt am Film habe sie aber, welchen Schwung die junge Schwarzer nach ihren Jahren in Frankreich, wo sie Teil der französischen Frauenbewegung MLF war, mitbrachte und daher eine ganz wichtige Funktion in der deutschen Frauenbewegung einnahm, sagte Wiedersperg. Auch die in der Doku anesprochenen aktuellen Inhalte etwa zur Prostitution beschäftigten eine Zuschauerin im Nachgang.

Fünfseen-Filmfestival: Alice Schwarzer, Herausgeberin der Frauenzeitschrift "Emma", ist die bekannteste deutsche Feministin.

Alice Schwarzer, Herausgeberin der Frauenzeitschrift "Emma", ist die bekannteste deutsche Feministin.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Der Film nimmt mit auf eine Zeitreise, zeigt wie Frauen in der zweiten Frauenbewegung kämpfen und lässt wichtige Stationen im öffentlichen Leben der Feministin Revue passieren, die 1942 in Wuppertal geboren wurde. Schwarzers Himmelsleiter, ihren Schulweg als kleines Mädchen, zeigt die Regisseurin genauso wie legendäre Talkshowauftritte oder das Fernsehduell zwischen Alice Schwarzer und Esther Vilar. Geschickt werden Zeitdokumente und aktuell gedrehtes Material montiert. Viele Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter kommen zu Wort. Regisseurin Sabine Derflinger sagt in einem Interview im Presseheft zum Film über Alice Schwarzer: "Ich wusste, dass sie eine streitbare Figur ist, die über viele Jahre ein massives Lebenswerk aufgebaut hat. Die Frage war, wie kann man diese Frau 'spielen' und gleichzeitig den Inhalt ihrer Werke und ihrer Wirkung herzeigen. Wenn man sie nur spielt und nicht wirklich eintaucht in die Zeit, in gewisse Themen, dann versteht man viele ihrer Handlungen nicht."

"Ich finde den Film total gelungen", setzte eine Zuschauerin den Schlusspunkt in der anfangs hitzigen Diskussionsrunde. "Alice Schwarzer" ist ein berührender Film, der nachwirkt und viele Themen (wieder) aufwirbelt.

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