Starnberg:Bauarbeiten für den Kinderschutz

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Aus eins mach zwei: Patrick Baur montiert eine Trockenbauwand in den Räumen des Kinderschutzbunds in Starnberg und unterteilt damit das Büro von Martina Rusch und Gosia Hannemann (rechts).
Aus eins mach zwei: Patrick Baur montiert eine Trockenbauwand in den Räumen des Kinderschutzbunds in Starnberg und unterteilt damit das Büro von Martina Rusch und Gosia Hannemann (rechts). (Foto: Georgine Treybal)

Die Organisation freut sich über großen Zuspruch, leidet unter chronischen Geldsorgen und schafft ein neues Angebot für Eltern, deren Kinder eine ADHS-Diagnose haben.

Von Sabine Bader, Starnberg

Beim Kinderschutzbund in Starnberg tut sich was. Dieser Satz ist nicht einfach nur dahingeschrieben, sondern hörbar: Denn die Vertreterinnen der örtlichen Medien wurden kürzlich Zeugen, wie in im Büro des Familienzentrums an der Söckinger Straße in Starnberg von einem örtlichen Handwerker eine Trockenbauwand eingezogen wurde, damit aus dem Gemeinschaftsbüro zwei abgetrennte Büros wurden und somit die Arbeitssituation verbessert wurde. So können künftig in jedem der kleinen Büros telefonische Beratungen stattfinden.

Das Besondere an dieser Aktion: Der Handwerker Patrick Baur hat seine Hilfe unentgeltlich angeboten, weil er den Kinderschutzbund schätzt und den Mitarbeiterinnen etwas Gutes tun möchte. Im vergangenen Jahr hatte ein Gärtner den Garten am Verbandssitz hergerichtet, den die Mitarbeiter seither mit den Kindern nutzen können. Und eine Familie hat einen Bücherschrank gestiftet, der heute vor dem Familienzentrum steht und von Eltern und Großeltern viel genutzt wird.

Gerade Sachspenden wie diese sind es, die der pädagogischen Geschäftsführerin Martina Rusch und ihrer Mitarbeiterin Gosia Hannemann enormen Auftrieb geben, weil sie spüren, dass die Arbeit ihrer Organisation in der Bevölkerung wahrgenommen und den Leuten etwas Wert ist, sei es finanziell über Spenden oder in Form von Eigenleistungen. „Alle unsere Arbeitsgeräte sind Spenden“, stellt Rusch fest. „Hätten wir die Unterstützung nicht, hätten wir keinen Drucker, keinen Laptop, keine IT; wir wären absolut arbeitsunfähig ohne Unterstützung von außen.“ Auch Schreibtische, eine Küche und neuerdings eben die Trennwand im Büro seien gespendet worden. „Wir brauchen all dieses Dinge dringend. Denn wir können nicht im Schneidersitz auf dem Boden sitzen und morsen“, betont Rusch.

Was die finanzielle Situation und das Spendenaufkommen betrifft, sagt Rusch: „Es tröpfelt. Es ist ein steter Tropfen.“ Das ist bitter nötig, denn öffentliche Mittel decken laut Hannemann nur 40 Prozent der laufenden Kosten. „Wir sind auf Spenden, Stiftungen und Erbschaften angewiesen, denn ohne sie würde es uns nicht mehr geben“, stellt sie klar.

Begleiteter Umgang mit Kindern in geschützter Umgebung

Elisabeth Carr hat beispielsweise angekündigt, dass sie das Geld, das im September bei der Veranstaltung im Zusammenhang mit der 20-Jahr-Feier ihrer Kunsträume am See eingeht, an den Kinderschutzbund spenden wird. „Das ist großartig“, frohlockt Rusch,  „zumal der  20. September auch der Weltkindertag ist“. Bekanntlich sei es leichter, zielgerichtet für konkrete Projekte Geldgeber zu ermuntern, als für laufende, notwendige Angebote. Allerdings machen gerade diese Angebote eine wichtige Säule der Arbeit im Kinderschutzbund aus.

Da sind zum Beispiel die Beratungen von Eltern, Kindern und Jugendlichen in Krisen, bei Trennungen oder Trauerfällen. Angeboten wird in hochstrittigen Trennungssituationen auch ein begleiteter Umgang mit Kindern in einer geschützten Umgebung. Es gibt Schüler-Coaches und Familienpaten, die Familien im oft stressigen Alltag unterstützen. Elternbildung, Malkurse und Vorlesetage, Spiel- und Krabbelgruppen sowie Gruppen für Alleinerziehende gehören zum Angebot.

Die Verantwortlichen des Kinderschutzbundes reagieren aber auch auf Bedürfnisse, die sie in der Gesellschaft wahrnehmen. Jüngstes Beispiel ist eine Gruppe für Eltern, deren Kinder eine ADHS-Diagnose haben, also eine diagnostizierte Störung der Aufmerksamkeit, Impulsivität und Selbstregulation.  In dieser Gruppe können sich Eltern unter fachkundiger Beratung austauschen. „Denn wenn Kinder ADHS haben, dann ist der Familienalltag ein bisschen anders als in einer Familie, in der diese Diagnose keine Rolle spielt“, weiß Rusch. Zwar könne so eine Diagnose viel Erleichterung schaffen, weil man verstehe, was passiere, andererseits könne sie aber auch viele Fragen aufwerfen. Darum wolle der Kinderschutzbund den Eltern sowohl Wissen vermitteln, als auch eine Möglichkeit zum Austausch bieten.

Der neue Slogan des Kinderschutzbunds Starnberg stammt von einem elfjährigen Kind.
Der neue Slogan des Kinderschutzbunds Starnberg stammt von einem elfjährigen Kind. (Foto: Georgine Treybal)

Dass sich der Kinderschutzbund als Beratungsstelle versteht, die niederschwellig für die Familien erreichbar ist, macht der neue Slogan deutlich: „Kinder schützen - Zukunft gestalten“. Ein zweigeteiltes Motto. Denn „Kinder schützen“ ist das, was der Kinderschutzbund in Krisenzeiten anbietet. „Zukunft gestalten“ ist laut Rusch der „lustbetonte Aspekt unserer Arbeit“.

Und diesem „lustbetonten Aspekt“ der Arbeit begegnete man nach der Pressekonferenz noch prustend im Flur. Denn im Zimmer nebenan hatte sich eine Krabbelgruppe ein nettes Stündchen gemacht. Rusch nennt es „die Ü1-Party“. Eine Möglichkeit wie diese bereitzustellen, das ist auch ein Anliegen des Kinderschutzbunds. Schließlich sei es wichtig, dass Eltern sich kennenlernen und austauschen können und ihre Kinder miteinander Spaß haben. Bei dieser Gelegenheit lernten die Eltern nebenbei auch den Kinderschutzbund kennen und haben damit ein Rüstzeug, wenn es Probleme geben sollte. Rusch: „Denn wir wissen ja:  Freud und Leid liegen sehr nah beisammen.“

Die neue Gruppe für Eltern, deren Kinder eine ADHS-Diagnose haben, trifft sich jeden letzten Dienstag im Monat um 18.30 Uhr in den Räumen des Kinderschutzbunds, Söckinger Straße 25, in Starnberg. Anmeldung unter der Telefonnummer 08151/979999.

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