Süddeutsche Zeitung

Corona:Piks mit Kinderpunsch und Mandarinen

Am Samstag konnten sich im Landkreis Starnberg erstmals Kinder zwischen fünf und elf Jahren impfen lassen. Im Herrschinger Impfzentrum wurden Zeichnungen aufgehängt, Geschenke verteilt - und extra viel Zeit eingeplant.

Von Sylvia Böhm-Haimerl

Markus Schlosser hat ein Bild gemalt. Darauf ist ein Coronavirus zu sehen, das vor einer Spritze wegläuft. "Wir wollen ein buntes Impfzentrum", sagt die Leiterin des Herrschinger Impfzentrums, Nicole Scheibenpflug, und hängt die erste Zeichnung, die sie an diesem Samstag erhält, gut sichtbar an die Wand. Es ist der erste Tag, an dem sich Kinder zwischen fünf und elf Jahren im Landkreis impfen lassen können. Man nimmt Rücksicht auf die Kinder. Es wird viel mehr Zeit eingeplant als bislang üblich. Erwachsene werden vor einer Impfung durchschnittlich sieben Minuten beraten, für die Kinder hat man 19 Minuten eingeplant. Der Ruheraum, in dem die Kinder nach dem Piks 15 Minuten lang zur Beobachtung bleiben müssen, ist kindgerecht eingerichtet. Playmobilfiguren in Kindergröße stehen da. Es gibt Kinderpunsch und Mandarinen. Jeder kleine Patient bekommt ein Geschenk. Für ein Bild gibt es eine zusätzliche Belohnung, wie ein Pflastermäppchen, Stifte oder Gummibärchen. Lukas hat einen Teddybären gemalt und daruntergeschrieben: "Danke an alle, die sich impfen lassen und die uns impfen."

Nach Angaben von BRK-Kreischef Jan Lang wird die Kinderimpfung von der Stiko insbesondere für Patienten mit Vorerkrankungen empfohlen. Auch wenn man selbstverständlich jedes Kind impfe, zählten die meisten der insgesamt 120 Kinder, die für diesen Tag angemeldet sind, zu den Risikogruppen. "Wenn es um Kinder geht, soll hier ein Ort der Sicherheit sein", betont Lang. Es sei wichtig, dass die Kinder selbst entscheiden, ob sie sich impfen lassen wollen. Denn die Impfung ist seiner Meinung nach nicht dazu da, eine eventuelle Quarantäne zu verhindern.

Dennoch sind auch Familien hier, die von Homeschooling und Quarantäne genervt sind. Der neunjährige Andreas aus Germering beispielsweise sei schon zwei Mal in Quarantäne geschickt worden, als Klassenkameraden erkrankt waren. Er werde geimpft, "damit es ein Ende hat mit der Quarantäne-Geschichte", sagt seine Mutter Simone Gruber. Zudem habe sie Angst vor eventuellen Spätfolgen, falls ihr Sohn erkrankten sollte. "Ich verstehe ein Zögern gar nicht", erklärt sie. Etwas verloren wirkt Andreas hinter seiner viel zu großen Gesichtsmaske. Doch beim Piks zuckt er nicht einmal. Offenbar hat er ihn gar nicht bemerkt; denn als alles vorbei ist, kontrolliert er, ob er tatsächlich ein Pflaster am Oberarm hat.

Die halbe Klasse ihres Sohnes Daniel sei gerade in Quarantäne gewesen, erzählt Pamela Sterff aus München. Ob der Zehnjährige geimpft werden soll, haben die Eltern aber erst entschieden, nachdem sie mit dem Kinderarzt gesprochen hatten. Bei einem Kindergartenkind sähe ihre Entscheidung anders aus, räumt die Mutter ein.

Landrat Stefan Frey hat für seine Kinder zwischen sieben und elf Jahren ebenfalls schon einen Impftermin vereinbart. Es sei immer eine Risikoabwägung, erklärt er, aber "die fünfte Well breitet sich vor allem über Kinder und Jugendliche aus. Jetzt haben wir gesagt, Augen zu und durch". Laut Frey stehen im Landkreis Impfdosen für insgesamt 5000 Kinder zur Verfügung. Ab Januar sollen neben den Impfzentren auch Kinderärzte und das Starnberger Klinikum mit Kinderimpfstoff versorgt werden. "Wir haben keine Erfahrung, mal sehen, wie es läuft", sagt Frey.

Lucy aus Oberpfaffenhofen hat sich selbst für den Piks entschieden. "Ich wollte es einfach", sagt die Zehnjährige. Nun sei die gesamte Familie geimpft, meint ihre Mutter Kristin Fries erleichtert. Elisabeth Wolfertstetter aus Gilching lässt ihre acht und zehn Jahre alten Töchter Leonie und Sarah impfen, weil das immer noch besser sei, als zu erkranken. Und der achtjährige Markus will seine Großeltern schützen, wenn er sie an Weihnachten besucht. Der neunjährige Lukas Lampl aus Dießen will ebenfalls Rücksicht nehmen auf Opa, Oma und ein kleines Baby. Er habe ein mulmiges Gefühl vor der Impfung gehabt, sagt er. Aber der Piks habe nur "ein kleines bisschen" weh getan.

Bevor es wieder nach Hause geht, gibt das Impfzentrum jedem Kind einen Termin für die Zweitimpfung in drei Wochen.

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SZ vom 20.12.2021
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