Kempfenhausen:Mitweinen und lachen

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Gute Begleitung: Belle Schupp rührt ihr Publikum mit ihrer Geschichte, Josef Brustmann findet die passende Musik und Lyrik dazu. (Foto: Nila Thiel)

Belle Schupp liest aus ihrem Buch, das von Krankheit und dem Tod ihrer Tochter handelt

Von Katja Sebald, Kempfenhausen

Kann man für den Tod schöne Worte finden? Für den Tod des eigenen Kindes? Die Schauspielerin Belle Schupp hat ein Buch über die Krankheit und den Tod ihrer Tochter Pauline geschrieben, die 2010 im Alter von 16 Jahren an Leukämie starb. Am Dienstagabend las sie auf Einladung der "Kunsträume am See" im Schloss Kempfenhausen daraus vor. Und ja, es waren schöne, es waren sogar trostreiche Worte, die sie für das Unsagbare fand. Begleitet, und zwar im wahrsten Sinne begleitet, wurde sie an diesem Abend von Josef Brustmann am Klavier und an der Zither.

"Die Nacht bringt Dir den Tag zurück", so lautet der Titel des Buchs und zugleich der Anfang eines Gedichts, das Pauline selbst schrieb. Im Alter von neun Jahren erkrankte sie an Leukämie. Nach zwei Rückfällen entschied sie sich gegen eine weitere Knochenmarkstransplantation und suchte einen ganz eigenen Weg, um wieder gesund zu werden. Doch sie schaffte es nicht, ihr Leben ging zu Ende. Ihre Mutter hat sie begleitet und sie hat fünf Jahre danach ein Buch geschrieben, aus dem man erfahren kann, was Leben bedeutet. Und was es für eine Familie bedeutet, wenn das Leben und Sterben nicht die natürliche Reihenfolge einhält. Schupp erzählt in einer feinen und bildreichen Sprache. Sie hat Sprachwitz, eine sorgfältige Dramaturgie und bei aller Schwere eine gewisse Leichtigkeit, etwa wenn sie alternative Heilmethoden und Wundermittel von Bachblüten- über Bioresonanztherapie bis hin zu Granatäpfeln und Hirnwurst aufzählt. Auch beim Vortragen verzichtet sie auf Pathos. Sie lässt manchmal die Tränen laufen und dann möchte man mitweinen. Aber manchmal lächelt sie auch und man kann mitlächeln.

Der Musiker, Musikkabarettist und Lyriker Josef Brustmann, der wie Schupp in Icking lebt, ist an diesem Abend anders, als man ihn kennt. Für den gemeinsamen Auftritt hat er einige Stücke aus seinem Programm "Sterbelieder" ausgewählt. Er spielt Zither und wenn er singt, begleitet er sich diesmal selbst am Klavier. Man denkt an Konstantin Wecker, besonders bei den Texten von Peter Maiwald oder Robert Gernhardt, die Brustmann vertont hat. Auch er findet an diesem Abend die feine Balance zwischen leiser Schwermut und sachter Leichtigkeit. Seine Musik ist mehr als Zwischenspiel, sie ist ein weicher Teppich, auf dem Schupp ebenso gut aufgehoben ist wie das Publikum.

Es sind kaum mehr als zwanzig Zuhörer gekommen und man darf annehmen, dass die meisten von ihnen Wegbegleiter von Schupp sind oder Menschen, die ein ähnliches Schicksal erlitten haben.

Schupp hat eine Selbsthilfegruppe für trauernde Eltern gegründet, sie arbeitet als Trauerbegleiterin und bietet Seminare für Eltern an, die ein Kind verloren haben. Denn sie weiß, dass der Schmerz über den Verlust ihrer Tochter für immer zu ihr gehören wird.

Am Ende des Abends sagt sie das, was auch als Klappentext auf ihrem Buch steht: "Als ich noch drei gesunde Kinder hatte, dachte ich, das ich es nicht überstehen würde, wenn einem von ihnen ein Leid geschehe. Als Pauline krank war, dachte ich, dass ich es nicht überleben würde, wenn sie sterben würde. Nachdem Pauline gestorben war, dachte ich, nie wieder froh werden zu können. Fünf Jahre sind vergangen. Ich lebe. Ich lache. Ich freue mich. Und ich bin glücklich. Nicht immer - aber immer wieder."

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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